26.11.2007

EU stopft Milliardenloch bei Galileo

Die EU hat gegen deutschen Widerstand das Milliardenloch bei ihrem geplanten Satellitennavigationssystem Galileo mit Geldern aus dem EU-Haushalt gestopft.

Brüssel/Berlin (dpa) - Die EU hat gegen deutschen Widerstand das Milliardenloch bei ihrem geplanten Satellitennavigationssystem Galileo gestopft. Die fehlenden 2,4 Milliarden Euro stammen vollständig aus dem EU-Haushalt. Deutschland stimmte als einziges Land gegen den Kompromiss, weil es als größter Nettozahler der Union Mehrbelastungen für den nationalen Haushalt von bis zu 500 Millionen Euro fürchtet. Spanien enthielt sich beim Votum der EU-Finanzminister in der Nacht zum Samstag der Stimme.

Die Bundesregierung bedauert die Entscheidung. «Das Ergebnis ist relativ schlecht», sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums am Sonntag in Berlin. «Das Wesen von Mehrheiten ist aber, dass man sie akzeptiert.»

Die Bundesregierung wollte die langfristige, bis 2013 laufende Finanzvorschau der EU auch deshalb nicht aufschnüren, um einen Präzedenzfall zu verhindern. Dank einer neuen Auftragsaufteilung der EU-Kommission ist aber nach monatelangem Streit nun eine angemessene Beteiligung der deutschen Luft- und Raumfahrtbranche an Europas größten Technologievorhaben gewährleistet. Mit Galileo will die Union von 2013 an unabhängiger vom US-Navigationssystem GPS werden. Das EU- Geld fließt für 30 Satelliten und andere technische Ausrüstung.

EU-Haushaltskommissarin Dalia Grybauskaite sprach in Brüssel von einem «wichtigen Beschluss». Wie von ihr vorgeschlagen, seien Agrargelder in Höhe von 1,6 Milliarden Euro für Galileo umgeleitet worden. Die restlichen Mittel kommen aus anderen EU-Töpfen. Der amtierende Vorsitzende der Ministerrunde, der portugiesische Budget- Staatssekretär Emanuel Augustos Santos, sagte, die Agrargelder seien in diesem Jahr nicht ausgegeben worden; es werde also keinem etwas weggenommen. Wegen deutlicher Preissteigerungen für landwirtschaftliche Produkte muss die Union weniger Milliarden-Hilfen auszahlen.

Mit dem Kompromiss steht auch das Budget der Union für das kommende Jahr. Die Zahlungen sollen um 4,2 Prozent auf 120,346 Milliarden Euro steigen. Das entspricht 0,96 Prozent der EU- Wirtschaftsleistung.

Der Finanzkompromiss umfasst auch das geplante Europäische Technologie-Institut (EIT), das rund 300 Millionen Euro kosten soll. Es wird vom kommenden Jahr an die Forschung europäischer Spitzen- Universitäten und der Privatwirtschaft miteinander verbinden.

Die EU-Staaten setzten in Verhandlungen mit dem Europaparlament durch, dass die Mittel für die EU-Außen- und Sicherheitspolitik mit 285 Millionen Euro um 85 Millionen Euro höher ausfallen als vorgeschlagen. Grund ist dafür die geplante Polizeimission in der abtrünnigen serbischen Provinz Kosovo, die nach Schätzungen mit mindestens 160 Millionen Euro zu Buche schlagen dürfte. Der EU- Haushalt muss noch Mitte Dezember endgültig vom Europaparlament in zweiter Lesung gebilligt werden.

Insgesamt kommen auf die Steuerzahler für Galileo Kosten von mindestens 3,4 Milliarden Euro zu. Der Starttermin war bereits um fünf Jahre auf nun 2013 verschoben worden.

Galileo soll den Nutzer bis auf wenige Zentimeter genau an den gewünschten Ort führen, die Position etwa von Schiffen und Flugzeugen exakt bestimmen. Anders als die zunächst militärisch genutzten Systeme wie GPS oder das russische GLONASS soll Galileo für die zivile Nutzung ausgelegt sein. Die Satelliten sollen in mehr als 23 000 Kilometer Höhe um die Erde kreisen. Der erste Testsatellit startete im Dezember 2005.

Die CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament warnte nach der Ministereinigung vor verfrühtem Optimismus. «Noch ist nicht sichergestellt, dass die deutsche Industrie angemessen von den Galileo-Aufträgen profitiert», sagte der Vorsitzende der CSU- Europagruppe, Markus Ferber, laut Mitteilung in Brüssel. Er forderte die Bundesregierung auf, bei der Galileo-Vertragsvergabe hart zu bleiben. Notfalls müsse die Regierung ihr Veto einlegen. Die Verkehrsminister der Union werden an diesem Donnerstag (29. November) erneut über das Thema beraten.

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