Europäisches Labor für materialwissenschaftliche Experimente auf der ISS installiert
Mit der Anlage können Experimente aus verschiedenen Bereichen der materialwissenschaftlichen Forschung bei hohen Temperaturen in der Schwerelosigkeit durchgeführt werden
Mit dem Space Shuttle Discovery (Mission STS-128) wurde am 29. August 2009 das europäische Labor für materialwissenschaftliche Experimente unter Schwerelosigkeit (Materials Science Laboratory, MSL) zur Internationalen Raumstation (ISS) transportiert. Das Labor wird vom Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln gesteuert. Mit der Anlage können Experimente aus verschiedenen Bereichen der materialwissenschaftlichen Forschung bei hohen Temperaturen in der Schwerelosigkeit durchgeführt werden. Das DLR ist sowohl für den operationellen Betrieb des MSL an Bord der ISS als auch für die Durchführung des wissenschaftlichen Bodenbegleitprogramms verantwortlich. Ziel der Experimente mit technischen Aluminiumlegierungen ist ein verbessertes Verständnis der Einflüsse von gravitationsbedingtem Stoff- und Wärmetransport (Konvektion) auf die Gefügeentwicklung bei Gießprozessen.
Die wissenschaftlichen Vorgaben für die Experimente werden am DLR-Institut für Materialphysik im Weltraum in Experimentabläufe umgesetzt. Diese werden anschließend mit Hilfe einer wiederverwendbaren Testkartusche (Routine Test Cartridge, RTC) an Bodenreferenzanlagen überprüft. Nach erfolgreichem Abschluss der Testläufe werden die Experimente an Bord der ISS vom Kontrollzentrum des MUSC aus durchgeführt und überwacht.
In der ersten Phase des Betriebs soll die gerichtete Erstarrung von Metallen und Legierungen untersucht werden. Der modulare Aufbau erlaubt die Untersuchung des Kristallwachstums von halbleitenden Materialien, der thermophysikalischen Eigenschaften und Diffusion von Legierungen und glasbildenden Materialien sowie der Fest-Flüssig-Phasenübergänge in Polymeren und Keramiken.
Das Projekt wird von der europäischen Weltraumorganisation ESA und der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA gemeinsam finanziert und in enger Kooperation umgesetzt. Das MSL ist eine Anlage der Europäischen Weltraumagentur (ESA) und wurde in das Materials Science Research Rack-1 (MSRR-1) der NASA integriert, das im amerikanischen Forschungsmodul "Destiny" installiert ist. Zentrales Element der Anlage ist eine zylindrische Vakuumkammer (Core Facility, CF), in die ein Ofeneinsatz eingesetzt werden kann. Neben routinemäßigen Wartungsarbeiten beschränkt sich die Crewaktivität im Wesentlichen auf das Einsetzen der Kartuschen (Sample Cartridge Assembly, SCA) in die Anlage und den Anschluss der Sensorik an die Messelektronik.
Die Proben werden bereits am Boden in die SCAs eingebaut. Während der Versuche wird das Probenmaterial zunächst aufgeschmolzen und anschließend durch kontrolliertes Abkühlen mit bestimmten Temperaturgradienten und Erstarrungsgeschwindigkeiten wieder in einen festen Zustand versetzt.
Zusammen mit MSRR-1/MSL und dem ersten Ofeneinsatz (Low Gradient Furnace, LGF) werden mit STS-128 zunächst sechs SCAs aus den beiden wissenschaftlichen Projekten MICAST (Microstructure Formation in Casting of Technical Alloys under Diffusive and Magnetically Controlled Convective Conditions) und CETSOL (Columnar-to-Equiaxed Transition in Solidification Processing) an Bord der ISS gebracht. Im Rahmen der Inbetriebnahme von MSL werden zwei dieser SCAs prozessiert und anschließend für detaillierte Untersuchungen wieder auf die Erde gebracht. Sobald die wissenschaftliche Verwertbarkeit der Ergebnisse bestätigt ist, sollen ab Anfang 2010 die verbliebenen vier SCAs sowie sieben weitere prozessiert werden.
Neben der Durchführung der Versuche ist das Institut für Materialphysik im Weltraum auch an der wissenschaftlichen Auswertung der Ergebnisse von MICAST beteiligt.
DLR
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