Exportmotor muss halten
Der ersehnte Konjunkturaufschwung beim Exportweltmeister Deutschland hängt am seidenen Faden.
Wiesbaden (dpa) - Der ersehnte Konjunkturaufschwung beim Exportweltmeister Deutschland hängt am seidenen Faden. Angesichts der andauernd schwachen Binnennachfrage liegen alle Hoffnungen für eine wirtschaftliche Erholung auf einer Fortsetzung der Absatzerfolge im Ausland. Bereits im 3. Quartal 2003 ist die Rückkehr auf einen bescheidenen Wachstumspfad von 0,2 Prozent nur durch die außenwirtschaftlichen Erfolge erreicht worden. Dies zeigt die Analyse des Statistischen Bundesamtes über die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), die am Donnerstag in Wiesbaden veröffentlicht wurde.
Der Höhenflug des Euro auf ein Rekordniveau von fast 1,20 Dollar hat jedoch Befürchtungen über die Standfestigkeit des deutschen Exportmotors aufkommen lassen. Damit zeigt sich erneut, dass die sogar rückläufige Inlandsnachfrage die Achillesferse für die Konjunktur bleibt.
Die entscheidende Wachstumsbremse war im 3. Vierteljahr der Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen um 3,6 Prozent. Aber auch der private Konsum fiel 0,6 Prozent schwächer aus als im 2. Quartal, obwohl das Volkseinkommen real um 1,7 Prozent zugenommen hat. Angesichts der allgemeinen Verunsicherung wurde jedoch mehr Geld auf die hohe Kante gelegt. Die Sparquote der privaten Haushalte stieg auf 9,2 (Vorjahr: 9,0) Prozent.
Dagegen nahm die Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen um 3,6 Prozent zu. Da gleichzeitig die Importe 1,9 Prozent geringer ausfielen als im 2. Quartal, trug der Außenbeitrag 1,8 Prozentpunkte zum Wachstum bei. Dies wurde jedoch weitgehend von der insgesamt schwachen Binnennachfrage (minus 1,6 Prozentpunkte) kompensiert, so dass unter dem Strich nur eine bescheidene Zunahme des BIP von 0,2 Prozent zu Stande kam.
Gegen eine weitere Euro-Aufwertung ist auch die Europäische Zentralbank (EZB) machtlos, da die Wechselkursverschiebungen auf einer Dollar-Schwäche beruhen. Die Schuldenpolitik der Regierung Bush, das riesige Defizit in der amerikanischen Außenwirtschaft, der drohende Handelskrieg zwischen Washington und Peking, die Festnahme von 50 New Yorker Devisenhändlern durch das FBI sowie die festgefahrene Lage im Irak und schließlich die jüngste Terrorwelle haben das Vertrauen in US-Wertpapiere schwer angeschlagen. Dieses Bündel schlechter Nachrichten droht, die US-Währung auf weitere Tiefstände zu drücken.
Doch gegen eine Schwarzmalerei der deutschen Exportperspektiven spricht eine Reihe sachlicher Gründe. «So lange die Weltwirtschaft wächst, ist der Wechselkurs zweitrangig», argumentiert Commerzbank- Chefvolkswirt Ulrich Ramm. Ohnehin gehen mehr als 40 Prozent der Ausfuhren in den gemeinsamen europäischen Währungsraum. Wegen der unterdurchschnittlichen Preiserhöhungen hier zu Lande nehme die Wettbewerbsfähigkeit von Produkten «Made in Germany» sogar zu.
Aber auch international ist die deutsche Angebotspalette mit dem Schwerpunkt Investitionsgüter zum Beginn eines Investitionszyklus attraktiv. Vor allem der Weltmarktführer Maschinen- und Anlagenbau bietet kaum Massenprodukte an, die auf Grund wechselkursbedingter Preisveränderungen rasch aus anderen Teilen der Welt bezogen werden können. Auch die Autoindustrie hat sich trotz der seit Monaten virulenten Dollar-Schwäche auf dem umkämpften US-Markt gut behauptet.
Bereits seit den 70er Jahren sind die deutschen Exporteure mit einem ständigen Aufwertungsdruck konfrontiert. Dabei sind rasche Kursausschläge weitaus problematischer als eine langsame Verschiebung der Wechselkursrelationen. Deshalb stemmt sich die japanische Notenbank mit fast täglichen Interventionen an den Devisenmärkten auch nicht prinzipiell gegen eine Aufwertung des Yen. Vielmehr soll die Veränderung zum Dollar in kontrollierten Bahnen verlaufen.
Wolf Pampel, dpa