Farbzentren in Diamanten als Gyroskope
Messung der Rotation basiert auf den Kernspins von Stickstoff-Atomen.
Gyroskope – also Rotationssensoren – sind unter anderem wichtig für die Navigation. So detektiert beispielsweise beim Autopiloten im Flugzeug ein Gyroskop die drei verschiedenen Rotationsarten, die das Flugzeug ausführen kann: Es kann rollen, also einen Flügel nach unten und den anderen nach oben drehen, die Nase nach oben beziehungsweise unten ziehen oder sich relativ zum Erdboden drehen. Wichtig sind Gyroskope auch in Fahrzeugen am Boden, etwa in autonom fahrenden Autos. Die Arbeitsgruppe um Dmitry Budker an der Uni Mainz publizierte bereits 2012 die Idee, Farbzentren in Diamanten als Gyroskope zu nutzen. Jetzt konnten die Forscher in internationaler Zusammenarbeit den praktischen Nachweis dafür erbringen.
„Wir und andere Gruppen nutzen diese Farbzentren bereits seit einigen Jahren zur Messung von Magnetfeldern“, erläutert Budker. „Die Messung von Rotationen funktioniert prinzipiell auch wie bei einem Magnetometer, allerdings ergeben sich dabei einige Herausforderungen.“ So muss der Sensor schwankende magnetische Felder ignorieren, um die Rotationen messen zu können. Diesem Problem konnten Budker und sein Team jedoch beikommen. Einerseits nutzen sie für die Gyroskopie statt der Elektronenspins die Kernspins, die ein wesentlich kleineres magnetisches Moment und deshalb eine geringere Sensitivität für Magnetfelder besitzen.
Andererseits konnten die Wissenschaftler externe Magnetfelder weitgehend abschirmen und trotzdem intern ein sehr stabiles Bias-Magnetfeld zur Erzeugung des Messeffekts aufrechterhalten, das auch kaum auf Temperaturschwankungen reagiert. Sollten schwankende Magnetfelder im Außenraum auftreten, sehen die Farbzentren diese nicht. Fragestellungen und Herausforderungen rund um dieses Magnetfeld widmete sich Peter Blümler an der Uni Mainz. Die Experimente und der erste Nachweis gelangen Andrey Jarmola und Sean Lourette, an der University of California in Berkeley.
Somit konnten die Forscher ihre Idee aus dem Jahre 2012 realisieren und erstmalig Farbzentren von Diamanten als Gyroskop nutzen. Und sie erarbeiteten einen technischen Weg, um dies zu realisieren. Bis in die alltägliche Anwendung sind allerdings noch weitere Herausforderungen zu meistern.
JGU / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
A. Jarmola et al.: Demonstration of diamond nuclear spin gyroscope, Sci. Adv. 7, eabl3840 (2021); DOI: 10.1126/sciadv.abl3840 - Budker Lab, Quanten-, Atom- und Neutronenphysik, Institut für Physik, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
- Department of Physics, University of California, Berkeley, USA
Weitere Beiträge
- Abbildung magnetischer Wirbelstrukturen auf der Nanoskala (pro-physik.de Nachrichten, 9. März 2021)
- J. N. Becker und Ch. Becher, Ein Netzwerk aus Diamanten, Februar 2017, S. 18 PDF