24.06.2014

Feinjustierte Schwerionen-Krebstherapie

Die Bremswirkung schwerer Ionen in Gewebe scheint schwächer als in bislang untersuchten Wasserdampf-Modellen.

Die Bestrahlung mit schweren Ionen eignet sich vor allem für Krebspatienten mit schwer zugänglichen Tumoren, beispielsweise im Gehirn. Diese Teilchen schädigen kaum das durchdrungene Gewebe, sondern können so eingesetzt werden, dass sie ihre maximale Energie erst direkt im Ziel, dem Tumor, abgeben. Bei der Erforschung dieser relativ jungen Therapiemethode geht es immer wieder um die exakte Dosierung: Wie müssen die Strahlungsparameter eingestellt werden, um die Krebszellen punktgenau zu zerstören, aber möglichst wenig umliegendes Gewebe zu schädigen? Die Antwort hängt entscheidend davon ab, wie stark die Ionen auf ihrem Weg zum Tumor vom Körpergewebe abgebremst werden.

Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt haben ein weltweit bisher einmaliges Experiment zur genaueren Bestimmung des Bremsvermögens von Gewebe für Kohlenstoffionen im therapeutisch relevanten Bereich aufgebaut. Auch wenn die bisherigen Messdaten noch genauer werden müssen, so wird doch bereits jetzt deutlich: Die Methode funktioniert und kann in Zukunft dazu beitragen, die Dosierung bei der Krebstherapie mit Kohlenstoffionen zu verbessern.

Menschliches Gewebe besteht hauptsächlich aus Wasser. Daher lässt sich in flüssigem Wasser gut simulieren, in welcher Form beschleunigte Ionen auf ihrem Weg abgebremst werden und an welchem Zielpunkt sie ihre maximale Energiemenge abgeben. Zumindest theoretisch – denn bisher existierten experimentelle Daten nur für Wasserdampf. Doch Wissenschaftler vermuten: Wenn man den Aggregatzustand vernachlässigt, werden die ermittelten Daten für die Festlegung der Strahlendosis zu ungenau.

Wissenschaftlern der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt ist es im Rahmen der Doktorarbeit von J. M. Rahm nun erstmals gelungen, das Bremsvermögen von flüssigem Wasser für Kohlenstoffionen mit kinetischen Energien im Bereich der maximalen Energieabgabe experimentell zu ermitteln. Die ersten Ergebnisse weisen tatsächlich darauf hin, dass Kohlenstoffionen in flüssigem Wasser, pro Molekül bezogen, weniger stark abgebremst werden als in Wasserdampf. Sobald weitere und noch genauere Daten vorliegen, werden die Erkenntnisse in die Kalibrierung von Ionisationskammern einfließen, die zur Bestimmung der Dosis in der Therapieplanung eingesetzt werden. Zurzeit ist das Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT) die einzige Einrichtung in Europa, die Patienten mit Schwerionen bestrahlt.

Das von den Forschern angewendete Verfahren basiert auf einer Methode, die aus der Kernphysik stammt: der Inverted-Doppler-Shift-Attenuation-Methode. Während sich die durch eine Kernreaktion angeregten Kohlenstoffionen durch das Wasservolumen bewegen, werden sie abgebremst und fallen in ihren Grundzustand zurück. Die Energieverteilung der dabei emittierten Gamma-Quanten wird mithilfe eines hochreinen Germanium-Detektors aufgenommen. Der Doppler-Effekt, der zur Verschiebung der Gamma-Energie führt, und das exponentielle Zerfallsgesetz ermöglichen die zeitliche Verfolgung der Geschwindigkeit der Kohlenstoffionen und damit Rückschlüsse auf den Abbremsprozess.

PTB / DE

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