Fullerene sind im Weltall inkognito unterwegs
Tarnmantel aus molekularem Wasserstoff verbirgt die komplexen Kohlenstoffmoleküle vor den Spektrographen der Astronomen.
Im Vorjahr sorgte der Nachweis von Fullerenen im Weltraum für eine wissenschaftliche Sensation. Innsbrucker Physiker um Paul Scheier haben nun im Labor erstmals Hinweise gefunden, warum diese großen, fußballförmigen Kohlenstoffmoleküle nicht schon viel früher entdeckt wurden: Die Fullerene verstecken sich möglicherweise unter einer hauchdünnen Schicht aus Wasserstoffmolekülen.
Abb.: Die Bucky Balls des interstellaren Mediums sind wahrscheinlich mit einem Raumanzug aus H2 bekleidet. (Bild: P. Scheier / Eso)
Schon lange waren Fullerene in den unendlichen Weiten des Universums vermutet worden. Auf der Erde werden diese großen Kohlenstoffmoleküle unter Bedingungen erzeugt, die jenen in der Atmosphäre alter, kohlenstoffreicher Riesensterne gleichen. Mit Hilfe von Infrarotaufnahmen des Weltraumteleskops Spitzer ist es im Vorjahr erstmals gelungen, Fullerene im Weltall tatsächlich nachzuweisen. Die „Nanofußbälle“ sind bis heute die größten jemals im Weltraum entdeckten Moleküle. Die Forschergruppe hat jetzt im Labor Beweise gefunden, dass sich Fullerene in dichten interstellaren Wolken unter einer dünnen Schicht von Wasserstoffmolekülen verbergen. Dadurch verschieben sich die Spektrallinien der Moleküle und sie sind bei den auf der Erde beobachteten Wellenlängen im All nicht nachweisbar.
In ihren Experimenten lagerten die Physiker die beinahe kugelförmigen Moleküle aus 60 oder 70 Kohlenstoffatomen gemeinsam mit Wasserstoffmolekülen in ultrakalte Heliumtröpfchen ein und ionisierten sie. Atome und Moleküle lassen sich darin relativ einfach einfangen und bilden kalte Komplexe, ähnlich zu molekularen Schichten auf Staubteilchen in interstellaren Wolken. Allerdings ist die Zeitskala für das Entstehen molekularer Filme im Weltraum viele tausend Jahre, während sich im Labor die Komplexe in den Heliumtröpfchen in wenigen Millisekunden bilden. Die Synthese neuer Moleküle in solchen kalten Komplexen durch den Beschuss mit Elektronen, Photonen oder Ionen wird in Innsbruck im Detail untersucht und liefert so wertvolle Erkenntnisse über die entsprechenden Prozesse in interstellaren Wolken. Die nun ausgewerteten Massenspektren zeigen, dass die Kohlenstoffatome mit einer Schicht von Wasserstoffmolekülen bedeckt sind: Auf jedem Kohlenstoffring an der Oberfläche der Fullerene scheint je ein Wasserstoffmolekül aus zwei Atomen zu sitzen.
Dies ist bedeutsam, denn diese Kohlenstoffverbindungen sind wichtige Mitspieler in zahlreichen chemischen und physikalischen Prozessen. Zum Beispiel könnten sie in interstellaren Wolken bei der Entstehung komplexer Biomoleküle, den Bausteinen des Lebens, als Katalysator eine bedeutende Rolle gespielt haben.
U. Innsbruck / OD