07.10.2011

Gele aus Flüssigkristallen

Neue Materialklasse formt ein stabiles Netzwerk aus Fehlern im Aufbau.

Entsprechend ihres Namens vereinen Flüssigkristalle Eigenschaften von Flüssigkeiten und geordneten Kristallen. Dadurch eignen sie sich unter anderem als Grundbaustein für Flachbildschirme. Britische Forscher haben nun eine eine neue Materialklasse geschaffen, indem sie Flüssigkristallen feste Kunststoff-Partikeln beimischten. Sie synthetisierten eine Art Gel, das bei Raumtemperatur elastisch formbar ist, bei schnellem Rühren oder leichtem Erwärmen jedoch flüssig wird. Mit spektroskopischen Methoden und Computersimulationen gingen sie dem inneren Aufbau dieser glasartigen Substanz auf den Grund.

Abb.: Eine Mischung aus Flüssigkristallen und Kunststoffpartikeln bildet ein elastisches Gel, das bei schnellem Rühren oder leichtem Erwärmen flüssiger wird. Dieser Prozess ist jedoch vollständig reversibel. (Bild: Science / AAAS / Poon, U Edinburgh)

„Was wir entdeckt haben, kann als eine neue Version des Glaszustands betrachtet werden“, sagt Wilson Poon von der University of Edinburgh. Zusammen mit seiner Arbeitsgruppe wählte er einen im Handel verfügbaren Flüssigkristall (5 CB, 4-Cyanobiphenyl) und vermischte diese Substanz mit Mikrometer kleinen Kügelchen aus Polymethylmethacrylat (PMMA). Stetig steigerten die Forscher den Anteil der zugefügten Polymer-Partikel auf etwa 50 Prozent. Bereits ab einem Gehalt von etwa zehn Prozent entstand ein Gel, das durch die Zugabe weiterer Partikel an Festigkeit gewann.

Dieses Gel erwies sich als sehr stabil; es verblieb beispielsweise in einer Phase, statt sich in zwei aufzutrennen. Mit verschiedenen Versuchen untersuchten Poon und Kollegen die physikalischen Eigenschaften dieses Materials. So verflüssigte sich das elastische Gel bei leichtem Erwärmen, erstarrte jedoch wieder beim Abkühlen. Der gleiche Effekt ließ sich allerdings auch durch schnelles Rühren des Gels bei 200 Umdrehungen pro Sekunde beobachten. Binnen weniger Sekunden nach Abschalten des Rührers verfestigte sich die Substanz wieder.

Genauere Analysen dieses Flüssigkristall-Gels mit Mikroskopen und Computersimulationen zeigten den inneren Aufbau des neuartigen Gemisches. So docken die Polymerpartikel homogen verteilt an die langen Flüssigkristall-Moleküle an. Dabei ordnen sich die Partikel in regelmäßigen Abständen ringförmig um die Flüssigkristalle an. Bei ansteigender Partikel-Konzentration konnten sich sogar vom Flüssigkristall abstehende Ringstrukturen – ähnlich einem „Saturn-Ring“ – ausbilden. Doch insgesamt herrschte die glasartige, ungeordnete Verteilung der Partikel vor, symmetrisch geordnete Kristallstrukturen konnten weder beobachtet noch simuliert werden. Vielmehr entstand ein ungeordnetes Netzwerk von miteinander verknüpften „Baufehlern“ in der Gelstruktur. Da die Polymerpartikel nicht durch feste Bindungen an die Flüssigkristalle andockten, konnten sowohl leichtes Erwärmen als auch schnelles Rühren die Festigkeit signifikant reduzieren.

Poon und seine Kollegen wollen nun die genauen Prozesse innerhalb ihres neuen Gels untersuchen. Sie versprechen sich neue Erkenntnisse zum den Phasenübergang einer Flüssigkeit zu einem festeren, glasartigen Zustand, der von Festkörperforschern noch immer nicht vollständig erklärt werden kann. Aber auch konkrete Anwendungen hält Poon für möglich. Denn Flüssigkristalle eignen sich prinzipiell als Biosensoren. Die Anwendung jedoch wird durch ihren flüssigen Zustand erschwert. Das neue Gel weise nun genug Festigkeit und Elastizität auf, um als Unterlage für Zellkulturen zu dienen, behauptet der Forscher.

Jan Oliver Löfken

PH

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