05.12.2011

„Gequetschtes“ Quantenvakuum gefüllt mit Atomen

Neuartige Nachweismethode detektiert Verschränkung zwischen zwei mesoskopischen Gasen mit rund 500 Atomen.

Die Quantentheorie ist bekannt für ihre befremdlichen Gesetzmäßigkeiten, die den fundamentalen Prinzipien der klassischen Physik widersprechen. Der nun von Heidelberger Wissenschaftlern beobachtete Quantenzustand ist von besonderem Interesse, seit er 1935 von Einstein, Podolsky und Rosen (EPR) im Rahmen eines Gedankenexperiments benannt wurde. Die drei Forscher wollten damit zeigen, dass die Quantenmechanik nicht verträglich ist mit der Existenz lokaler Eigenschaften physikalischer Systeme, die sich experimentell beobachten lassen.

Abb.: Obwohl die Zahl der Atome in den beiden Gasen (rot und blau dargestellt) extrem stark fluktuiert, ist deren Differenz (schwarz dargestellt) äußerst klein. Zur korrekten Analyse reichen wenige Experimente (links) nicht aus, sondern das Rauschen muss in langen Messreihen analysiert werden (rechts). (Bild: KIP)

Ein EPR-Szenario bezieht sich auf einen Zustand von zwei Systemen, die quantenverschränkt sind: Dabei wirkt sich die Messung des einen Systems unmittelbar auf das Ergebnis der Messung in dem anderen System aus.

Die Besonderheit des Quantenzustands, der von Markus Oberthaler und seinem Team entdeckt und erzeugt wurde, liegt in der Quantenverschränkung von kontinuierlichen Variablen. Nach der Messung an einem der Gase aber lassen sich alle weiteren Messungen am zweiten – verschränkten – Gas exakt vorhersagen. Um ein „gequetschtes“ Quantenvakuum mit seinen besonderen Eigenschaften im Labor herstellen und nachweisen zu können, arbeiteten die Wissenschaftler mit einem Bose-Einstein-Kondensat. Eingesetzt wurde ein Kondensat aus Rubidium-Atomen bei ultrakalten Temperaturen von 10-7 Kelvin über dem absoluten Temperaturnullpunkt.

Die Wissenschaftler mussten die Stabilität von Magnetfeldern gewährleisten, die 10.000 Mal kleiner ist als die des Magnetfeldes der Erde. Eine weitere Voraussetzung war die Erzeugung eines Gases, das aus 500 Atomen mit einer Fehlertoleranz von weniger als acht Atomen besteht. Das Teilchenrauschen diente als Signal für eine erfolgreich generierte Verschränkung. „Bei Experimenten ist Rauschen üblicherweise unerwünscht, doch in unseren Forschungsarbeiten lieferte die sorgfältige Untersuchung des Rauschens den Beleg für das Vorhandensein einer Quantenverschränkung“, sagt Oberthaler. Für die Heidelberger Wissenschaftler bestand die Herausforderung darin, das technische Rauschen so weit zu unterdrücken, dass das Quantenrauschen beobachtbar wurde.

Von den Forschungsergebnissen erhoffen sich Prof. Oberthaler und sein Team eine Anwendung für präzise Atominterferometrie, sehen die Erkenntnisse aber auch als wichtigen Schritt zur Untersuchung fundamentaler Fragen über quantenmechanische Verschränkung von massiven Teilchen.

KIP / PH

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