12.07.2013

Gleichzeitig ferro- und antiferromagnetisch

Geschichtete Strukturen mit zwei verschiedenen magnetischen Ordnungen aus Lutetium-Mangan-Oxid erzeugt.

Elektronische Bauteile aus mehreren Schichten mit verschiedener magnetischer Ordnung werden vielfach in unterschiedlichen Geräten eingesetzt – etwa in Leseköpfen von Festplatten, die die gespeicherten Daten ein- oder auslesen, oder in hochempfindlichen Magnetfeldsensoren, die elektrisch ausgelesen werden. Forscher des Paul-Scherrer-Instituts PSI haben nun ein Material gefunden, das verschiedene magnetische Eigenschaften kombiniert. Dabei handelt es sich um Lutetium-Mangan-Oxid, LuMnO3, ein Material mit einer Perowskitstruktur, wie sie auch von Hochtemperatursupraleitern bekannt ist. Die dünnen, einkristallinen Schichten wurden auf einem unmagnetischen, einkristallinen Trägerkristall (YAlO3) gewachsen.

Abb.: Jonathan White führt ein Experiment an der Neutronenquelle SINQ des PSI durch. (Bild: S. Sauer)


Normalerweise zeigt einkristallines LuMnO3 eine antiferromagnetische Ordnung, bei der immer zwei Spins in die eine, und die nächsten beiden in die entgegengesetzte Richtung weisen. In den am PSI erzeugten und untersuchten Schichten zeigte sich in den ersten zehn Nanometern, also in unmittelbar Nähe zu der Oberfläche des Trägerkristalls, statt der antiferromagnetischen eine ferromagnetische Ordnung, bei der alle Spins in die gleiche Richtung zeigen. „Normalerweise kann man einen Antiferromagneten nicht in einen Ferromagneten umwandeln. Das geht schon aus Symmetriegründen nicht. Hier muss etwa Besonderes passiert sein“, betont Christof Schneider, einer der beteiligten Forscher.

Die wahrscheinlichste Erklärung für den Effekt ist, dass sich die Kristallstruktur des Materials verzerrt, weil sie sich an die Struktur des Trägerkristalls anpasst. In der verzerrten Struktur ist die ferromagnetische die bevorzugte magnetische Ordnung. Mit wachsendem Abstand zur Unterlage entspannt sich die kristalline Struktur etwas, aber nicht vollständig, sodass sich ab einer gewissen Entfernung die erwartete antiferromagnetische Ordnung einstellen sollte. Beobachtet wird stattdessen eine antiferromagnetische Spinspirale, bei der die Spins in der Form einer Wendeltreppe angeordnet sind.

Experimente mit Neutronen zur Untersuchung der magnetischen Struktur an LuMnO3 geben deutliche Hinweise auf diese Spinspirale. Die Messergebnisse legen die Vermutung nahe, dass zusätzlich die erwartete antiferromagnetische Ordnung existiert. „Es war erstaunlich, dass wir in Schichten, die nur achtzig Nanometer dick und ein Hundertstel Milligramm schwer waren, überhaupt die magnetische Struktur mit Neutronen messen konnten“, so Christof Niedermayer, der einen Teil der Neutronenexperimente durchgeführt hat.

Abb.: Skizze der Vorgänge in den untersuchten LuMnO3-Schichten. Nahe am Substrat ist die Schicht besonders stark verspannt, so dass sie dort eine ferromagnetische Ordnung annimmt. Mit wachsendem Abstand nimmt die Verspannung ab, so dass zwei antiferromagnetische Ordnungen erscheinen: die Spinspirale und der E-Typ, bei dem abwechselnd zwei Spins in die eine Richtung weisen und die zwei nächsten in die andere. (Bild: PSI)

In das Ergebnis gingen die Kompetenzen verschiedener Labore des Paul Scherrer Instituts ein. Die untersuchten Schichten wurden in der Arbeitsgruppe Materialien im Bereich Allgemeine Energie mittels Laserablation hergestellt. Das mit dem Laser verdampfte Rohmaterial wurde dabei auf einer geheizten, einkristallinen YAlO3-Unterlage abgeschieden, so dass eine einkristalline Schicht entstehen konnte. Die magnetischen Eigenschaften wurden an den Grossanlagen des PSI mit Hilfe von Neutronen und Myonen untersucht. Hier kommt insbesondere das magnetische Moment der Neutronen und Myonen zum Tragen, was einen detaillierten Einblick in die magnetische Struktur der Materialien ermöglicht. So ließ sich zum Beispiel mittels Neutronenreflektometrie die ferromagnetische Komponente innerhalb der Schichten lokalisieren.

PSI / CT

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