23.10.2015

Grauen Zellen auf der Spur

Ultrahohe Magnetfelder erlauben deutlich schärfere Aufnahmen bei Magnetresonanztomografie.

Je stärker, desto besser? Auf Magnetresonanztomografie-Magneten scheint das zuzutreffen – wenn die richtige Methode eingesetzt wird. Klaus Scheffler, Direktor der Abteilung Biomedizinische Magnetresonanz an der Universität Tübingen und Leiter der Abteilung Hochfeld-Magnetresonanz am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik, und Philipp Ehses forschen an einer hochauflösenden MRT-Messmethode. Damit gelang es ihnen, Hirnstrukturen um ein Vielfaches genauer darzustellen und Gehirnaktivität besser zu lokalisieren.

Abb.: Die im Ultrahochfeld aufgenommenen MRT-Hirnscans sind sehr viel detaillierter als herkömmliche Scans. (Bild: P. Ehses, MPI-KYB)

In der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) hängt die Aussagekraft der Aufnahmen stark von der Signalstärke und damit von der Magnetfeldstärke des Gerätes ab. Eine hohe Auflösung ist für die richtige Interpretation des Signals wichtig, da die Nervenzellaktivität sich durch MRT nur indirekt messen lässt. Die Forscher der Abteilung Hochfeld-Magnetresonanz am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik arbeiten mit einem 9,4-Tesla-Magneten, wodurch sich die Auflösung der Hirnscans auf weniger als 1 Millimeter reduzieren lässt. Kein Wunder: Das Magnetfeld ist mindestens dreimal so stark wie das der medizinisch verwendeten Tomografen.

Das in der Studie verwendete fMRT-Verfahren basiert auf der sogenannten bSSFP-Methode (balanced steady-state free precession), die vor einigen Jahren bei wesentlich kleineren Magnetfeldern erstmals von Klaus Scheffler vorgestellt wurde. Philipp Ehses, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Hochfeld-Magnetresonanz, über die Vorteile: „Diese Methode zielt vor allem darauf ab, den Signalanteil aus der Mikrovaskulatur in der grauen Hirnsubstanz gegenüber größeren Gefäßen zu erhöhen. Denn dort findet die tatsächliche Nervenzellaktivität statt.“ Da die Herkunft des fMRT-Signals entscheidend ist, liegt darin die Stärke der Methode.

Der Versuchsaufbau war simpel gehalten, denn es sollte lediglich die Sehrinde aktiviert werden – sie produziert ein besonders starkes Signal. Die Versuchspersonen betrachteten daher abwechselnd einen schwarzen Bildschirm und ein flackerndes Schachbrettmuster. Der Vergleich der MRT-Bilder dieser beiden Bedingungen lieferte dann eine Karte der Gehirnaktivierung.

Klaus Scheffler und Philipp Ehses wollen die mikroskopischen Prozesse, die für das fMRT-Signal verantwortlich sind, verstehen. Denn dies ist eine wesentliche Voraussetzung, um die richtigen Schlüsse aus neuro­wissenschaftlichen Experimenten zu ziehen und Messverfahren zu verbessern. Doch selbst in den hochaufgelösten fMRT-Bildern der Studie befinden sich in jedem Bildpixel immer noch Millionen von Gehirnzellen und Tausende kleinerer Gefäßen. Zusätzliche Berechnungen durch Computersimulationen sind daher unerlässlich: Sie sollen im nächsten Schritt den Einfluss der Hirnstruktur auf das Signal ermitteln. Diese Kalkulationen müssen dann wiederum im Experiment bestätigt werden.

Obwohl die Signaleffizienz pro Zeiteinheit sehr gut ist, ist die bSSFP-fMRT gegenüber der klassischen Bildgebung bislang noch zwei- bis dreimal langsamer. Die Forscher wollen als Nächstes daran arbeiten, die Aufnahmezeit ihrer Methode soweit zu verringern, dass sie hinsichtlich der Geschwindigkeit mithalten kann.

Die bSSFP-Methode könnte in neurowissenschaftlichen Studien zum Einsatz kommen, aber auch im medizinischen Bereich, wie Scheffler erklärt: „Bisher wird die Methode routinemäßig in der Herzbildgebung eingesetzt. Wir könnten uns auch bei der Planung von Hirnoperationen eine Anwendung vorstellen – wichtige Hirnregionen könnten vor der Operation viel genauer lokalisiert werden.“

MPI-KYB / DE

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