14.10.2015

Grenzenlose Galaxien

Ausgedehnte Halos kommen nach neuen Radiobeobachtungen häufiger vor als bislang angenommen.

CHANG-ES ist ein Forschungsprojekt zur Untersuchung von ausgedehnten Radiohüllen („Halos“) in Galaxien durch Messung der Radiostrahlung von kosmischer Strahlung in Magnetfeldern. Das Ziel ist, die Verbindung und Wechselwirkung zwischen den ausgedehnten Halos und den Galaxienscheiben zu verstehen. Zwei Max-Planck-Institute und die Universität Bochum sind bei einer Untersuchung einiger naher, von der Seite gesehenen Spiralgalaxien beteiligt. Dabei ergab sich, dass die Ausdehnung dieser Galaxien in Radiowellenlängen bis in Bereiche geht, die im Optischen komplett unsichtbar sind.

Abb.: Zusammengesetztes Bild einer von der Seite gesehenen Spiralgalaxie mit ausgedehntem Halo, erzeugt durch Mittelung der Radiohalos aus Beobachtungen von insgesamt 30 verschiedenen Galaxien mit dem VLA (Bild: J. English, U. Manitoba / J. Irwin, T. Wiegert, Queen’s U. / CHANG-ES / NRAO / AUI / NSF / NASA / STScI)

Wie die Untersuchung dieser Spiralgalaxien gezeigt hat, kommen ausgedehnte Halos aus kosmischer Strahlung und Magnetfeldern wesentlich häufiger vor als ursprünglich gedacht. Ein internationales Astronomenteam hat Radiobeobachtungen mit dem Karl G. Jansky Very Large Array (VLA) in der Wüste von Neu-Mexiko von 35 dieser Spiralgalaxien mit Entfernungen bis zu 137 Millionen Lichtjahren durchgeführt, nachdem das Teleskop kürzlich mit modernster digitaler Empfangstechnik für mehr als 100 Millionen Dollar ausgerüstet wurde.

„Wir wussten schon vorher von der Existenz von einigen dieser Halos, aber mit der vollen Leistungsstärke des VLA nach dem Upgrade, und mit der Anwendung neuartiger Bild­verarbeitungs­techniken können wir jetzt nachweisen, dass diese Halos bei Spiralgalaxien wesentlich häufiger zu finden sind als bis jetzt angenommen”, sagt Judith Irwin von der Queens-Universität im kanadischen Kingston, die Leiterin des CHANG-ES-Projekts.

Bei Spiralgalaxien wie unserer Milchstraße findet man den überwiegenden Anteil von Sternen sowie Gas und Staub in einer flachen rotierenden Scheibe mit Spiralarmen. Der größte Teil des sichtbaren Lichts wie auch der Radiowellen kommt aus dieser Scheibe. Erkenntnisse über den Bereich weit oberhalb und unterhalb der Scheibe waren bisher wegen nicht ausreichender Empfindlichkeit der Teleskope nur schwierig zu erhalten.

„Die Untersuchung der Halos von Galaxien mit Radioteleskopen gibt uns wertvolle Informationen über einen weiten Bereich unterschiedlicher Phänomene wie zum Beispiel die Stern­entstehungs­rate in der Galaxienscheibe, Winde von explodierenden Sternen sowie Ursprung und Eigenschaften der Magnetfelder von Galaxien“, sagt Theresa Wiegert, ebenfalls von der Queens-Universität.

Um abzuschätzen, welche Ausdehnung ein typischer Halo in einer Galaxie besitzt, haben die Forscher die Radiobilder von 30 Galaxien auf den gleichen Maßstab gebracht. Jayanne English von der University of Manitoba in Canada hat aus diesen Daten ein gemitteltes Galaxienbild erzeugt. Das Resultat, so Judith Irwin, „ist ein spektakuläres Bild, auf dem man sieht, dass kosmische Strahlung und Magnetfelder nicht nur die Galaxienscheibe durchdringen, sondern auch bis weit oberhalb und unterhalb der Scheibe hinausragen.“ Das kombinierte Bild stellt auch die Bestätigung der theoretischen Vorhersage von solchen Halos aus dem Jahr 1961 dar.

„Wir haben Radiohalos von individuellen Galaxien bereits seit einiger Zeit untersucht“, erklärt Ralf-Jürgen Dettmar von der Ruhr-Universität in Bochum. „Die CHANG-ES Stichprobe von Galaxien gibt uns jetzt einen statistischen Zugang zur Wechselwirkung zwischen Halos und Galaxienscheiben.“ Eines seiner primären Forschungsobjekte, die Galaxie NGC 5775, wird als Muster für die Darstellung des zentralen Sternentstehungsgebiets in der Abbildung gezeigt.

Zusammen mit der Veröffentlichung der Ergebnisse werden die Daten in Form von speziellen VLA-Bildern auch für andere Forscher zugänglich gemacht. In vorhergehenden Publikationen wurden bereits Ziele und Details des CHANG-ES-Projekts beschrieben. Das Forscherteam hat eine Serie von Radio­beobachtungen mit dem VLA fertiggestellt, wobei die vorliegende Veröffentlichung auf der Analyse des ersten Teils der daraus erzeugten Bilder basiert. „Die Ergebnisse unseres Forschungsprojekts helfen uns dabei, eine Reihe von bisher unbeantworteten Fragen zur Stern­entstehung und Galaxien­entwicklung zu beantworten“, schließt Marita Krause vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn.

MPIfR / DE

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