13.02.2015

Harmonische Verzögerung

Erzeugung optischer Harmonischer in Kristallen zeitlich aufgelöst.

Nach optischer Anregung lassen sich chemische Reaktionen beispielsweise bis auf eine Zeitskala von zehn Femtosekunden nachverfolgen, auf der das Lichtfeld selbst nur wenige Male hin und her schwingt. Es gibt jedoch eine Klasse optischer Prozesse, die keine meßbare Verzögerung zum Lichtfeld aufweisen und die man bisher als „instantan“ betrachtete. Hierzu gehört die Erzeugung optischer Harmonischer in Kristallen. Mit diesem Prozess wird das grüne Licht eines Laserpointers aus unsichtbarem Infrarot­licht erzeugt. Die eingestrahlte Frequenz liegt in den meisten Anwendungen fernab jeder Resonanz des Kristalls, um Absorptions­verluste zu vermeiden.

Abb.: Reaktion von SiO2 und TiO2 auf ein kurzes gepulstes Lichtfeld. In SiO2 endet nach Abklingen des Pulses auch unmittelbar die Oszillation von Hülle und Kern. In TiO2 hingegen schaukelt sich bei der dritten Harmonischen des Anregungsfeldes resonant eine Oszillation auf, die auch nach Ende der Anregung fortbesteht. (Bild: D. Descouens / R. Lavinsky)

In einer gemeinsamen Arbeit haben nun Forscher des Max-Born-Instituts, des Weierstraß-Instituts und der Leibniz-Universität erstmals gezeigt, dass selbst fern von Resonanzen der Grundwelle ein nicht­instantanes Verhalten auftritt. Die Analyse der mit extrem kurzen Licht­impulsen in dünnen Titandioxid-Schichtern erzeugten dritten Harmonischen zeigt ein Abklingen des Erzeugungs­prozesses mit einer Zeit­konstante von acht Femtosekunden, also ein nichtinstantanes Verhalten. Obwohl dies deutlich länger ist als die Dauer der kürzesten momentan verfügbaren Laserimpulse, qualifiziert sich dieser Prozess dennoch als einer der schnellsten, die jemals zeitaufgelöst beobachtet wurden.

Eine eingehende theoretische Modellierung dieser überraschenden Beobachtung zeigt, dass ein nichtinstantanes Verhalten nur auftritt, wenn die erzeugte dritte Harmonische im Bereich einer Resonanz des optischen Materials liegt. Dann oszilliert die vom eingestrahlten Impuls erzeugte Material­anregung für mehrere Licht­perioden und strahlt die dritte Harmonische über dieses Zeit­intervall ab. Der Vorgang erscheint daher als eine Art „Resonanzkatastrophe“, die – ähnlich wie bei klassischen mechanischen Oszillatoren – zu einer nichtinstantanen Antwort auf die Anregung führt

Diese Ergebnisse haben wichtige Auswirkungen für Meß- und Erzeugungs­verfahren ultrakurzer Lichtimpulse. Derartige Methoden beruhen auf einer instantanen Natur der verwendeten nichtlinearen optische Prozesse. Ähnlich wie man militärischen Gleich­schritt auf Brücken vermeiden sollte, muss man daher auch die beobachteten optischen Resonanzen bei der Messung kurzer Laserimpulse umgehen.

FVB / DE

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