Hintergrundlicht fällt auf Sternentstehung
Im Licht von entfernten Gammastrahlen-Quellen haben Forschern erstmals Spuren der Extragalaktischen Hintergrundstrahlung nachgewiesen.
Die Extragalaktische Hintergrundstrahlung im infraroten bis ultravioletten Wellenlängenbereich besteht aus Photonen, die sich über die Geschichte des Universums hinweg angesammelt haben. „Diese Strahlung stellt einen sichtbaren Fingerabdruck der sich entwickelnden kosmischen Struktur dar und liefert entscheidende Informationen für ihr Verständnis“, sagt Anita Reimer vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck. „Der ultraviolette Anteil der Hintergrundstrahlung ist besonders wichtig für die bisher nicht gänzlich verstandene kosmische Reionisierungsepoche, die kurz nach Ende des 'Dunklen Zeitalters' anbrach.“
Die direkte Messung dieser Hintergrundstrahlung wird aber durch das Licht in unserem eigenen Sonnensystem und der Milchstraße erschwert. Das internationale Forscherteam hat darum eine indirekte Methode gewählt, um der Hintergrundstrahlung auf die Spur zu kommen. Gammastrahlung, die sich von weit entfernten Lichtquellen durch das Strahlungsfeld bewegt, kann nämlich von diesem teilweise absorbiert und damit geschwächt werden. Dies verursacht im Spektrum der auf der Erde gemessenen Gammastrahlung eine Verformung, deren Stärke von der Distanz zur Gammastrahlen-Quelle und der Dichte der Extragalaktische Hintergrundstrahlung abhängt.
„Entfernte helle Gammastrahlen-Quellen wie beispielsweise Aktive Galaxienkerne oder helle Gammastrahlen-Ausbrüche sind deshalb geeignete Sonden für dieses diffuse Strahlungsfeld“, sagt Olaf Reimer vom Innsbrucker Institut für Astro- und Teilchenphysik. „Beobachtet man nur einzelne dieser Quellen, so muss man für die Methode aber das von den Quellen ausgesendete Gammaspektrum genau kennen. Diese sind derzeit aber immer noch umstritten“, entgegnet Anita Reimer. Aus diesem Grund konnten bisher mit diesem Ansatz auch nur obere Grenzwerte für die Extragalaktische Hintergrundstrahlung bestimmt werden.
Das internationale Forscherteam nutzte für seine aktuelle Untersuchung die Daten aus den ersten knapp vier Beobachtungsjahren des 'Large Area Telescope (LAT)' an Bord des Gammastrahlen-Weltraumteleskops Fermi. Dieses nimmt permanent Daten von Tausenden entfernter Gammastrahlen-Quellen auf, zumeist sind dies Aktive Galaxienkerne. „Im Gammalicht dieser Objekte fanden wir eindeutige Abdrücke der Extragalaktischen Hintergrundstrahlung“, so Reimer.
Die Auswertung der Daten gestaltete sich freilich schwierig, denn das Gammalicht könnte schon vor Antritt des langen Weges durch das Universum in der Lichtquelle beeinflusst worden sein. „Hier halfen uns die Eigenschaften unserer Instrumente und Quellen, aber auch eine kluge Auswahl dieser Gammastrahlen-Quellen“, erzählt Anita Reimer. Zum einen konnten die Forscher zeigen, dass das mit dem LAT-Instrument gemessene Gammaspektrum weniger weit entfernter Aktiver Galaxienkerne nicht durch Absorption in der Hintergrundstrahlung verändert wird. Ferner ist der Bereich niedrigerer Gamma-Energien für alle Quellen frei von Absorption und gibt somit das eigentliche Spektrum der Quellen wieder.
Dann mussten die Entfernungen zu vielen dieser Objekte noch vermessen werden – eine notorisch schwierige Aufgabe für diese Klasse von Objekten. Hier half GROND, ein Instrument, das eigentlich für die Entfernungsbestimmung von Gammastrahlen-Ausbrüchen gebaut wurde. „Die dafür entwickelte Entfernungsbestimmungsmethode konnte auf die hier benutzten Objekte angewendet werden, und so im Verlauf der vergangenen eineinhalb Jahre die Entfernungen von fast Hundert der hier benutzten Aktiven Galaxienkerne gemessen werden“, erklärt Jochen Greiner, Erbauer von GROND und Forscher am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching.
„Wir untersuchten die kumulativen Spektren von etwa 150 Objekten in drei unterschiedlich weit entfernten Regionen des Kosmos und fanden eine spektrale Verformung bei hohen Energien wie man sie von Modellen erwartet, die eine minimale Dichte der Hintergrundstrahlung nahe des Limits der Galaxienanzahl vorhersagen. Jede größere Dichte würde eine Verformung in den kumulativen Spektren verursachen, welche inkonsistent mit der Messung wäre“, erklärt Anita Reimer.
Dieses Resultat bestätigte sich auch durch eine Analyse von Spektren einer Untergruppe der Gammastrahlen-Quellen, die dafür bekannt ist, nur schwache Strahlungsfelder innerhalb der Quelle zu besitzen und damit eine vernachlässigbare intrinsische Absorption. „So ist es auf statistischem Weg gelungen, die gemessenen Veränderungen in den Gamma-Spektren entfernter Aktiver Galaxienkerne eindeutig Absorptionseffekten der Gammastrahlung auf ihrem Weg durch die Hintergrundstrahlung zuzuweisen“, erklärt Olaf Reimer.
Die so gemessene kleinstmögliche Dichte der Extragalaktischen Hintergrundstrahlung liefert Hinweise zur Sternbildungsrate, insbesondere limitiert sie die maximale Bildungsrate der vermeintlichen ersten Sternpopulation im Kosmos auf nicht später als etwa 500 Millionen Jahre nach dem Big Bang. Das Auftreten dieser ersten Sterne im Universum markiert das Ende des 'Dunklen Zeitalters', als das intergalaktische Gas durch das UV-Licht der ersten Sterne ionisiert wurde.
U. Innsbruck / PH