21.05.2013

Hinweise auf kosmische Neutrinos

Nachweis von 28 energiereichen Ereignissen lässt sich kaum mit Erzeugung in Erdatmosphäre erklären.

Die internationale IceCube-Collaboration hat auf der IceCube Particle Astrophysics (IPA) Konferenz in Madison, USA, die jüngsten Ergebnisse ihrer Suche nach astrophysikalischen Neutrinos vorgestellt. Zwischen Mai 2010 und Mai 2012 wurden mit dem Neutrinodetektor IceCube 28 Neutrinos mit Energien oberhalb von 30 TeV registriert, darunter zwei Ereignisse mit Energien knapp über 1 PeV. Damit hat das Astroteilchenexperiment, das aus mehr als fünftausend ins Südpolareis eingefrorenen Lichtdetektoren besteht, einen wesentlichen Fortschritt bei der Suche nach extraterrestrischen Neutrinos erzielt.

Abb.: Jede Sphäre dieser Messungen der beiden energiereichsten Ereignisse bei IceCube stellt ein digitales optisches Modul (DOM) dar, die Größe repräsentiert die Zahl der gemessenen Photoelektronen, die Farbe deren Ankunftszeit, wobei Rot früh und Blau spät bedeutet. (Bild: IceCube Collab.)


„Ein Peta-Elektronenvolt ist mehr als tausendmal höher als Energien von Neutrinos, die je mithilfe von Teilchenbeschleunigern auf der Erde erzeugt wurden“, sagt IceCube-Forscher Christian Spiering vom Forschungszentrum DESY, der auch wissenschaftlicher Koordinator von IceCube war. „Die Anzahl von 28 Ereignissen ist schwer vereinbar mit dem, was man für Neutrinos erwartet, die durch kosmische Strahlung in der Erdatmosphäre erzeugt werden.“

Der IceCube-Detektor besteht aus 86 Kabeltrossen, an denen in Tiefen zwischen 1,45 und 2,45 Kilometern jeweils 60 Glaskugeln mit hochempfindlichen Lichtsensoren angebracht sind. Mit ihnen können die Forscher Neutrinos nachweisen, die als Produkte galaktischer Explosionen oder anderer kosmischer Prozesse entstanden sind. Die neutralen Teilchen wechselwirken nur sehr schwach mit Materie und sind deshalb ideal dafür geeignet, um Informationen über diese fernen Ereignisse über große Strecken zu uns zu tragen. Wenn ein Neutrino beim Durchdringen des Polareises abgestoppt wird, entsteht ein schwaches bläuliches Licht – Tscherenkov-Strahlung, die dei Detektoren auffangen. Allerdings können Neutrinos auch durch die Wechselwirkung von kosmischer Strahlung mit der Erdatmosphäre entstehen. Die Anzahl solcher „atmosphärischer Neutrinos“, die IceCube bisher aufgezeichnet hat, geht in die Hunderttausende – jedoch haben diese Neutrinos vorwiegend deutlich niedrigere Energien.

Den ersten Hinweis auf extraterrestrische Hochenergie-Neutrinos lieferte im April 2012 die unerwartete Entdeckung der beiden PeV-Ereignisse. Die IceCube-Forscher nannten die beiden ungewöhnlichen Ereignisse liebevoll „Ernie“ und „Bert“. Eine gründliche Analyse dieser Ereignisse wurde im April 2013 in einer Arbeit vorgestellt und an die Zeitschrift Physical Review Letters zur Veröffentlichung eingereicht. Die vertiefte Suche, deren Ergebnisse jetzt vorgestellt wurden, förderte nunmehr weitere 26 Ereignisse mit Energien oberhalb 30 TeV zutage, wiederum mehr als das, was man für in der Erdatmosphäre erzeugten Neutrinos erwartet.

„Wir erleben vielleicht gerade die Geburtstunde der Neutrinoastronomie“, so Markus Ackermann, Leiter der Neutrinoastronomiegruppe bei DESY in Zeuthen. „In den nächsten Jahren erwarten wir mit IceCube weitere wissenschaftliche Durchbrüche. Und mit den möglichen Erweiterungen PINGU und IceCube++ wollen wir nach den Entdeckungen mit IceCube schon bald den Schritt zu Präzisionsmessungen in der Neutrinophysik und Astronomie mit Neutrinos gehen.“

Das Neutrinoteleskop IceCube ist der größte Teilchendetektor der Welt und besteht aus einem Kubikkilometer Eis am Südpol, der mit höchstempfindlichen Lichtsensoren durchsetzt ist. Sie fangen die Spuren von Neutrinos aus dem Weltall auf, um durch diese Himmelsboten Informationen über weit entfernte Galaxien zu erhalten. Das internationale IceCube-Team besteht aus rund 260 Wissenschaftlern von 36 Forschungsinstitutionen aus acht Ländern. Aus Deutschland sind neun Forschungsinstitutionen beteiligt. Die deutschen Teilnehmer haben neben einem Viertel der optischen Module einen wesentlichen Teil der Empfangselektronik an der Eisoberfläche beigesteuert.

DESY / PH

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