Hochleistungsmikroskopie für Membranrezeptoren
Forscher wollen Schaltpläne der komplex aufgebauten Proteine entschlüsseln.
Wissenschaftler aus Jena und Würzburg untersuchen im Rahmen des neuen Sonderforschungsbereichs „ReceptorLight“ mit modernster Lichtmikroskopie die Funktion von Membranrezeptoren. Die Mediziner, Physiker, Chemiker, Biochemiker und Biologen wollen sowohl neue Erkenntnisse zur Arbeitsweise dieser Sensoren in der Zellmembran gewinnen, als auch die Hochleistungs-Lichtmikroskopie methodisch weiterentwickeln. Die DFG fördert den SFB für vier Jahre mit über zehn Millionen Euro.
Abb.: Präparation und Messungen der rezeptorgesteuerten Aktivität von Nervenzellen im Labor der AG Experimentelle Neurologie am Uniklinikum Jena, wie sie auch im neuen SFB vorgenommen werden. (Bild: M. Szabo, U Jena)
Als wichtige Schaltmoleküle sind Membranrezeptoren an nahezu allen Lebensprozessen beteiligt. Die zumeist komplex aufgebauten Proteine sitzen wie sehr sensible Antennen in den äußeren Zellbegrenzungen, den Zellmembranen, und warten auf Signale, die in Form kleiner Moleküle, der Liganden, kommen und sich spezifisch und passgenau an die jeweiligen Rezeptoren anlagern. Der Rezeptor ändert dann die chemische Gestalt und somit seine Eigenschaften und gibt damit den Startschuss für andere Signal- oder auch Stofftransporte in der Zelle. Membranrezeptoren sind beispielsweise die Docking-Stationen für Adrenalin und Wachstumshormone, für Nikotin und Opiate.
In den vergangenen Jahren haben neue lichtmikroskopische Methoden zum besseren Verständnis der Arbeitsweise von Membranrezeptoren beigetragen. „Ein Hauptvorteil von Licht als physikalischem Werkzeug liegt dabei in seiner vergleichsweise geringen Störung biologischer Prozesse und Strukturen“, betont Klaus Benndorf von der Uni Jena. „Damit waren substanziell neue Erkenntnisse zur Bindungsgeschwindigkeit, aber auch zur Lokalisation der Rezeptoren möglich, teilweise mit einer räumlichen Auflösung im Bereich von 20 Nanometern, also weit unter der optischen Auflösungsgrenze.“
Der SFB „ReceptorLight“ setzt genau hier an. In 22 Teilprojekten und mit einem ganzen Arsenal an Mikroskopietechniken wollen die Forscher ab Juli die Schaltpläne verschiedener Membranrezeptoren weiter entschlüsseln. Je nach Fragestellung werden sie dazu auch an der Weiterentwicklung der Methoden und der Auswertung der gewonnenen Bilder arbeiten. Eine der dabei eingesetzten Methoden ist die von Markus Sauer von der Uni Würzburg entwickelte dSTORM-Technik, die durch die lichtinduzierte Steuerung der Fluoreszenzeigenschaften von Farbstoffen und die stochastische Auswertung vieler Einzelmolekülbilder eine extrem genaue Aussage über Ort und Anzahl von Molekülen erlaubt. „Um in einem Experiment die räumliche Verteilung von mehr als zehn verschiedenen Zielmolekülen darstellen zu können, brauchen wir ein mehrstufiges Markierungs-, Detektions- und Bleichverfahren, das wir auf verschiedene Farbstoffe ausweiten wollen", so der Physikochemiker.
In einem weiteren, an beiden Standorten des SFB beheimateten Projekt untersuchen Christian Geis Sören Doose die molekularen Mechanismen einer Gehirnentzündung, bei der die Patienten Autoantikörper gegen einen Glutamatrezeptor in der Zellmembran von Nervenzellen bilden. Von elektrophysiologischen Messungen, Zwei-Photonen-Fluoreszenzmikroskopie und hochauflösender Bildgebung wie dSTORM dieses Rezeptors erwarten sich die Forscher Erkenntnisse zu den Grundprinzipien neurologischer Autoimmunerkrankungen mit bislang unerreichter räumlicher und zeitlicher Auflösung. Und auch Rezeptoren in Pflanzenzellen stehen im Fokus der Wissenschaftler: Die Würzburger Pflanzenwissenschaftler Rainer Hedrich und Dietmar Geiger erforschen mittels hochauflösender Fluoreszenzmikroskopie und Fluoreszenz-Resonanzenergietransfer das Schaltverhalten von Rezeptoren des Trockenstresshormons, das die Spaltöffnungen reguliert.
Die ReceptorLight-Arbeitsgruppen in Würzburg und Jena bündeln ihr vielfältiges methodisches Können auf dem Gebiet der Hochleistungs-Lichtmikroskopie mit den Kenntnissen der Physiologie und Biophysik verschiedenster Membranrezeptoren. Dabei werden sie nicht nur hochmoderne lichtmikroskopische Methoden, sondern auch spezielle Algorithmen zur Bilddatenanalyse und ein eigenes Forschungs- und Bilddatenmanagement gemeinsam nutzen, die jeweils in eigenständigen Teilprojekten etabliert werden. „Wir wollen die Funktionsweise der Membranrezeptoren besser verstehen und dabei die Möglichkeiten der lichtmikroskopischen Bildgebung - sowohl in der räumlichen und zeitlichen Auflösung, als auch in der Komplexität der betrachteten biologischen Systeme - vorantreiben“, so Benndorf.
FSU / RK