Humboldt-Forschungspreis für Uwe-Jens Wiese
Simulationsalgorithmen für Quantensysteme der kondensierten Materie entwickelt.
Uwe-Jens Wiese von der Universität Bern erhält einen Forschungspreis der Alexander von Humboldt-Stiftung. Ulf-G. Meißner vom Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik der Universität Bonn hat den Wissenschaftler für den Preis nominiert. Beide kennen und schätzen sich schon lange und wollen nun neue Methoden gemeinsam weiterentwickeln. Der Preis ist mit 60.000 Euro dotiert.
Der Wissenschaftler aus Deutschland, der seit rund zwanzig Jahren an der Universität Bern arbeitet, beschäftigt sich neben Teilchenphysik auch mit der Physik der kondensierten Materie, die sich mit einer Vielzahl von Systemen befasst: Dazu zählen neben Magneten und Supraleitern etwa auch Quantenflüssigkeiten oder Bose-Einstein-Kondensate. „Obwohl die Physik der kondensierten Materie weniger fundamental als die Teilchen- und Kernphysik ist, stellt sie aufgrund ihrer Fülle von Fragestellungen eine große Herausforderung dar“, sagt Uwe-Jens Wiese. Mit seiner Arbeitsgruppe hat er für einige Quantensysteme der kondensierten Materie sehr effiziente Simulationsalgorithmen entwickelt. „Es stellt sich nun die Frage, ob diese Algorithmen in abgewandelter Form auch für die Kernphysik eingesetzt werden können“, führt Wiese aus.
Die Kern- und Teilchenphysik sind das Spezialgebiet von Ulf-G. Meißner. Der Forscher vom Helmholtz-Institut der Universität Bonn hat Wiese für den Humboldt-Forschungspreis nominiert. In der Teilchenphysik wird die starke Wechselwirkung, die die Atomkerne im Inneren zusammenhält, durch fundamentale Quark- und Gluonfelder dargestellt. Für die Simulation der Kernphysik von Protonen und Neutronen hat der Physiker der Universität Bonn mit seinem Team sehr effiziente numerische Simulationsverfahren entwickelt. Hochtemperatursupraleiter leiten die Elektronen auch bei höheren Temperaturen fast widerstandslos. Auf der Suche nach der Ursache wurden Quantensimulatoren vorangetrieben – Quantencomputer, die andere Quantensysteme nachahmen. „Herr Meißner und seine Arbeitsgruppe sind ideale Partner, um gegebenenfalls gewisse Fragen der Kernphysik ebenfalls mit Quantensimulatoren anzugehen“, sagt Wiese. Die Physiker haben schon häufig über Physik diskutiert, aber noch keine wissenschaftliche Publikation gemeinsam geschrieben. „Das liegt daran, dass unsere Arbeitsgebiete ein wenig auseinanderliegen, aber doch von der Problemstellung und den Anforderungen sehr ähnlich sind“, sagt Meißner. „Gerade das ist nun unsere Basis für einen Austausch und eine gemeinsame Weiterentwicklung von Ideen.“
Der Humboldt-Preis fördert gezielt die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit und bietet die Gelegenheit, insgesamt bis zu einem Jahr in einer Forschungsgruppe zu verbringen, die nicht direkt auf dem eigenen Forschungsgebiet arbeitet. Wiese: „Das schafft Synergien, die sonst im Forschungsalltag nur schwer zu realisieren wären.“ Der Wissenschaftler strebt bereits für den Sommer einen ersten Aufenthalt in Bonn an. Uwe-Jens Wiese wurde 1958 in Hannover geboren. Nach dem Studium und der Promotion in Physik an der Universität Hannover verbrachte er Forschungsaufenthalte in Hamburg, Jülich und Bern. Er habilitierte sich an der RWTH Aachen und arbeitete danach am Desy (HLRZ Jülich) und am Massachusetts Institute of Technology in den USA. Seit 2001 ist er Professor an der Universität Bern. Von 2004 bis 2010 war er dort Direktor des Instituts für Theoretische Physik.
U. Bonn / JOL