06.08.2009

Infineon holt Luft - Zukunft weiter ungewiss

Im März flog der einst von Siemens abgespaltete, und im Jahr 2000 an der Börse gestartete Halbleiterkonzern aus dem DAX – doch in den vergangen Wochen wendete sich das Blatt

München (dpa) - Vor wenigen Monaten hätten wohl nur wenige eine Wette auf den Chipkonzern Infineon abgeschlossen. Das ohnehin nicht sonderlich erfolgsverwöhnte Unternehmen steckte in einer veritablen Krise. Milliardenverluste durch die Schieflage und anschließende Insolvenz der Speicherchiptochter Qimonda, Rezession und hohe Schulden ließen die Aktie abstürzen und zum Ramschpapier im Cent-Bereich verkommen. Die Konsequenz: Im März 2009 flog der einst von Siemens abgespaltete, mit viel Elan im Jahr 2000 an der Börse gestartete Halbleiterkonzern aus dem DAX. Doch in den vergangen Wochen wendete sich das Blatt. Infineon hat sich erst einmal berappelt.

Zunächst verkaufte der Konzern Anfang Juli 2009 sein Geschäft mit Chips für drahtgebundenen Kommunikationsgeräte (WLC). Dies brachte schon mal 250 Millionen Euro. Am Montagabend meldete Infineon, eine Kapitalerhöhung mit einem Volumen von 725 Millionen habe großen Widerhall bei den Aktionären gefunden. Dadurch sollen nach Abzug der Kosten nochmals gut 680 Millionen Euro in die Infineon-Kassen fließen. Die kurzfristig fälligen Schulden in Höhe von fast 700 Millionen Euro, die Infineon plagten, sind damit kein Problem mehr.

Der Ansturm auf die neuen Infineon-Aktien ist sicherlich ein positives Signal, ob er Beleg eines dauerhaft wiedergekehrten Vertrauens der Anleger ist, bleibt abzuwarten. Nach der Achterbahnfahrt der vergangenen Monate war die Aktie zum Zockerpapier verkommen. Den Tiefpunkt markierte der Kurs von 39 Cent im März, zwischenzeitlich berappelte er sich auf 3,49 und zuletzt stand er bei 2,88. Die neuen Aktien sind für 2,15 zu haben. Schön blöd, wer keine Papiere nimmt, erklärten Händler. Frage ist nur, wie viele Aktionäre dem Unternehmen treubleiben und wie viele Kasse machen und ihren Gewinn mitnehmen.

Unklar ist auch, ob Infineon die Weichen dauerhaft in Richtung Wachstum stellen kann. «Was die Finanzierung angeht, ist Infineon erstmal aus dem Schneider», sagt Analyst Michael Busse von der LBBW. Doch den Erfolgen bei der Refinanzierung müssen nun auch schnell geschäftliche folgen. Momentan erholt sich das zuletzt arg gebeutelte Geschäft mit Autochips dank staatlicher Konjunkturprogramme wie der Abwrackprämie. Bei den Industriechips macht sich die bessere Nachfrage von Kunden aus der Computerbranche, von Handy-Herstellern und bei Industrieanwendungen bemerkbar.

«Zuletzt haben alle Bereiche kleine Gewinne gemacht. Es kann aber natürlich noch sehr schwanken», sagt Busse. Denn ob die leichte Erholung am Markt von Dauer ist, steht derzeit noch in den Sternen. Bereits nach dem Herbst könnte das Geschäft wieder schlechter laufen, warnt der Analyst. «Es kann ganz schnell in die eine oder andere Richtung tendieren.» Auch Vorstandschef Peter Bauer sieht dies durchaus nüchtern. «Wir haben die Weichen für die Zukunft gestellt», sagte er am 4. August 2009 bei einer Telefonkonferenz. «Jetzt gilt es, nachhaltig profitabel zu werden.»

Denn unterm Strich stand im dritten Geschäftsquartal immer noch ein Minus von 23 Millionen Euro. Im Vorquartal waren aber noch 258 Millionen Euro Verlust angefallen. Der Umsatz stieg um 13 Prozent auf 845 Millionen Euro. Operativ schaffte das Unternehmen mit 8 Millionen Euro einen kleinen Gewinn nach deutlich roten Zahlen im Vorquartal. Auch im laufenden vierten Quartal peilt das Unternehmen dem Vernehmen nach ein Umsatzplus von 10 Prozent an.

Infineon mit seinen mehr als 26 000 Beschäftigten, davon rund 9000 in Deutschland, und sein Chef Peter Bauer wollen mit der Finanzspritze wieder in ruhigeres Fahrwasser geraten. Auf eine ähnlich turbulente Hauptversammlung wie Anfang 2009 dürfte Bauer auch kein zweites Mal scharf sein. Ein erboster Anleger hatte dem Management damals die verzweifelte Frage zugerufen: «Wo ist unser Geld? Was haben Sie mit unserem Geld gemacht?»

Michael Friedrich, dpa


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