14.08.2015

Inverse Tarnkappe

Nicht-hermitesche Materialien können Lichtwellen quasi ungestört hindurchtreten lassen.

Wenn eine Lichtwelle in ein Material eindringt, ändert sie sich normalerweise drastisch. Sie wird gestreut und abgelenkt, und durch die Überlagerung von Lichtwellen kommt es zu einem Muster aus helleren und dunkleren Bereichen. In maßgeschneiderten High-Tech-Materialien, die das Licht lokal verstärken oder abschwächen können, ergeben sich nun neue Möglichkeiten, solche Effekte vollständig zu unterdrücken: Wie eine theoretische Arbeit der TU Wien zeigt, ermöglichen solche Materialien ganz besondere Lichtwellen, die im Inneren des Materials an jedem Ort dieselbe Intensität aufweisen – so als gäbe es keinerlei Überlagerung. Durch diese ungewöhnlichen Eigenschaften könnten sich diese neuartigen Lösungen der Wellengleichung des Lichts technisch nutzen lassen.

Abb.: Eine Welle dringt in ein Material ein: Bei speziell designten nicht-hermitischen Materialien bleibt die Welle unbeeinflusst. (Bild: TU Wien)

Erst durch Überlagerungs- oder Interferenzeffekte können wir Objekte sehen, die selbst kein Licht ausstrahlen. In den letzten Jahren gab es allerdings immer wieder Experimente mit neuen Materialien, die Lichtwellen auf ganz besondere Weise verändern können: Sie können das Licht lokal verstärken (ähnlich wie das in einem Laser geschieht) oder auch abschwächen (wie in einer Sonnenbrille). „Wenn solche Prozesse möglich sind, muss man die Lichtwelle mathematisch anders beschreiben, als man es in gewöhnlichen, transparenten Materialien tut“, erklärt Stefan Rotter vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien. „Wir sprechen dann von sogenannten nicht-hermitischen Medien.“

Wie Konstantinos Makris und Stefan Rotter gemeinsam mit Kollegen aus den USA entdeckten, lassen sich damit neuartige Lösungen der Wellengleichung finden. „Man erhält Lichtwellen, die überall gleich hell sind, wie bei einer ebenen Welle im freien Raum, obwohl die Welle ein stark strukturiertes Material durchdringt“, sagt Konstantinos Makris. „Für die Welle ist das Material in gewissem Sinn unsichtbar, obwohl sie es durchdringt und mit ihm stark wechselwirkt.“

Das neue Konzept der Physiker erinnert an sogenannte „Metamaterialien“, mit denen in den letzten Jahren viel experimentiert wurde. Dabei handelt es sich um strukturierte Materialien, die Licht auf ungewöhnliche Weise ablenken und in bestimmten Fällen um ein Objekt herum führen können, sodass das Objekt unsichtbar wird. „Unsere nicht-hermitischen Materialien funktionieren allerdings auf Basis eines anderen Prinzips“, betont Stefan Rotter. „Die Lichtwelle wird nicht außen herumgelenkt, sondern sie durchdringt das Material. Aber der Effekt, den das Material auf die Intensität der Welle hat, wird durch ein genau justiertes Wechselspiel aus Verlust und Verstärkung ausgeglichen.“ Am Ende ist die Welle überall im Raum genauso hell, wie sie ohne das Objekt gewesen wäre.

Bis es tatsächlich gelingt, Objekte herzustellen, die Lichtwellen unberührt passieren lassen, ist noch eine Reihe technischer Details zu lösen – gearbeitet wird daran bereits. Mathematisch ist allerdings nun bewiesen, dass es neben Metamaterialien auch noch einen anderen, äußerst vielversprechenden Pfad gibt, Wellen auf ungewöhnliche Weise zu manipulieren. „In einem gewissen Sinn haben wir mit unserer ersten Arbeit zu diesem Thema eine Tür aufgestoßen, hinter der wir noch eine Vielzahl an neuen Einsichten vermuten“, erklärt Konstantinos Makris.

TU Wien / DE

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