07.12.2011

Kleiner Vampir saugt sanft an großem Begleiter

Ein „virtuelles“ Teleskop mit 130 Metern Durchmesser zeigt, dass der Massentransfer eines ungewöhnlichen Doppelsternsystems viel schwächer ist als erwartet.

Astronomen der Europäischen Südsternwarte haben mit hoher Auflösung das außergewöhnliche Sternsystem SS Leporis im Sternbild Lepus (der Hase) beobachtet. Es besteht aus zwei Sternen, die sich innerhalb von 260 Tagen gegenseitig umkreisen. Die beiden Komponenten sind nur wenig weiter voneinander entfernt als Erde und Sonne. Allerdings dehnt sich der größere und kühlere der beiden Sterne bis auf ein Viertel des Abstands aus, was in etwa dem Durchmesser der Merkur-Umlaufbahn entspricht. Aufgrund dieses geringen Abstands hat der heiße Begleiter bereits etwa die Hälfte der Masse des größeren Sternes aufgesogen.

Abb.: Das Doppelsternsystem SS Leporis besteht aus einem Roten Riesen und seinem kleineren, heißeren Begleiter, der Masse von ihm saugt. (Bild: Eso / Pionier / Ipag)


Erst die Kombination von vier Teleskopen am Very Large Telescope Interferometer (VLTI) des Paranal-Observatoriums der Eso zu einem einzigen „virtuellen“ Teleskop ermöglichte die Messungen. Das Auflösungsvermögen der Teleskopanlage entspricht dann nicht mehr dem der einzelnen 1,8-Meter Hilfsteleskope, sondern dem eines viel größeren Teleskops von etwa 130 Metern Durchmesser. Dieser Wert ist nur dadurch begrenzt, wie weit voneinander entfernt man die Teleskope positionieren kann.

Das Licht der vier 1,8-Meter Hilfsteleskope wurde mit dem neuen Instrument Pionier untersucht. Mit dem hohen Auflösungsvermögen ließ sich erkennen, dass der ausgedehnte Riesenstern kleiner ist als bisher angenommen. Das macht es schwieriger, zu erklären, wie er überhaupt so viel Masse an seinen Begleiter verlieren konnte. Die Astronomen gehen jetzt davon aus, dass die Materie, anstatt direkt von einem Stern zum anderen zu fließen, von dem Riesenstern als Sternwind ausgestoßen wird. Der heiße Begleiter fängt demnach diesen Sternwind wieder ein.

Das Auflösungsvermögen des Weltraumteleskops Hubble beträgt etwa 50 Millibogensekunden, während das des VLTI auf rund eine Millibogensekunde gesteigert werden kann. Das entspricht der scheinbaren Größe eines Astronauten auf der Mondoberfläche, wenn man ihn von der Erde aus betrachtet.

Um derart hochaufgelöste Bilder zu erhalten, müssen die VLTI-Ingenieure die Strecken, die das Licht von den verschiedenen Teleskopen zum Instrument zurücklegt, auf ein Hundertstel des Durchmessers eines menschlichen Haars genau kontrollieren. Sobald das Licht Pionier erreicht, wird es zum Herzen des Instruments geleitet, einer besonderen optischen Schaltung von der Größe einer Kreditkarte, die es zur Interferenz bringt.

Eso / PH

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