Kosmische Bauhütte
Die Victor-Franz-Hess-Messstation wurde als EPS Historic Site ausgezeichnet.
Nach einer längeren Konzeptions- und Umbauphase wurde am 29. September die Victor-Franz-Hess-Messstation am Hafelekar offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt. Diese ehemalige Bauhütte der Nordkettenbahn war Anfang der 1930er-Jahre eines der wichtigsten Argumente für den späteren Physik-Nobelpreisträger Victor Franz Hess, von Graz an die Universität Innsbruck zu wechseln und hier eine Professur zu übernehmen. Hier, hoch über Innsbruck, sah er die beste Möglichkeit, die vom ihm 1912 entdeckte kosmische Höhenstrahlung genauer zu erforschen.
Die Forschungsstätte wurde von der Universität Innsbruck mit Unterstützung der Stadt Innsbruck und der Innsbrucker Nordkettenbahnen renoviert und zu einer neuen Attraktion hoch über den Dächern von Innsbruck umgestaltet. Das neue Konzept bietet Besucher:innen die Möglichkeit, die Person Victor Franz Hess und seine Forschung sowie das Phänomen der Höhenstrahlung multimedial kennenzulernen.
Im Rahmen der Eröffnung hat die European Physical Society (EPS) diesen Ort als EPS Historic Site ausgezeichnet. Weltweit gibt es bisher 64 solcher historisch wichtigen Forschungsstätten, drei davon nun in Österreich. In Deutschland erhielt zuletzt im Oktober 2021 das Magnus-Haus in Berlin dieses Prädikat.
In den 1930er-Jahren herrschte an der Messstation Hochbetrieb. Nachdem Hess 1936 den Nobelpreis für Physik erhalten hatte, besuchten die renommiertesten Wissenschaftler:innen der Zeit die Station. Auch anderen Forscher:innen verhalf dieser Ort zu bahnbrechenden Erkenntnissen. Auf hier belichteten Fotoplatten beobachteten Marietta Blau und Hertha Wambacher 1937 erstmals, wie ein Teilchen der Kosmischen Strahlen einen Atomkern zertrümmerte.
Mit dem in den 1960er- und 1970er-Jahren installierten Neutronenmonitor und den Myonen-Detektoren ließen sich zwei in den Kosmischen Strahlen enthaltene Teilchensorten einzeln vermessen und daraus wichtige Erkenntnisse gewinnen.
Die Victor-Franz-Hess-Messstation am Hafelekar ist nicht nur ein historischer Ort, sondern dient weiterhin der Forschung. Anders als früher müssen die Ergebnisse der entsprechenden Detektoren nicht mehr vor Ort abgelesen werden: Die jeweiligen Forschungsgruppen erhalten die Messdaten auf digitalem Weg.
Universität Innsbruck / Alexander Pawlak
Weitere Informationen
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