08.11.2012

Kosmischer Sternentanz

Ein ungewöhnliches Paar alternder Sterne sorgt für die auffällige Struktur eines planetarischen Nebels.

Astronomen haben mit dem Very Large Telescope der ESO im Zentrum eines eindrucksvollen planetarischen Nebels ein Pärchen umeinander kreisender Weißer Zwerge entdeckt. Die Beobachtung bestätigt eine in der Fachwelt bereits seit längerem diskutierte Theorie über ein mit planetarischen Nebeln assoziiertes spektakuläres Phänomen: Material, das in entgegengesetzte Richtungen symmetrisch ausgestoßen wird.


Abb.: Der planetarische Nebel Fleming 1, aufgenommen vom Very Large Telescope der ESO. (Bild: ESO/H. Boffin)


Planetarische Nebel sind leuchtende Schalen aus heißem Gas rund um Weiße Zwerge – sonnenähnliche Sterne am Ende ihres Lebens. Fleming 1 ist ein besonders schönes Beispiel für einen solchen planetarischen Nebel, der zusätzlich noch zwei auffällig symmetrische Jets mit knotenartigen, geschwungenen Strukturen aufweist. Fleming 1 befindet sich im südlichen Sternbild Centaurus (der Zentaur) und wurde vor etwas mehr als hundert Jahren von Williamina Fleming entdeckt, einem ehemaligen Dienstmädchen, das vom Harvard College Observatory angestellt worden war, nachdem seine astronomischen Fähigkeiten offenbar geworden waren.

Die Astronomen waren sich lange Zeit uneins, wie derartig symmetrische Jets entstehen können. Jetzt hat ein Wissenschaftlerteam unter der Leitung von Henri Boffin von der ESO in Chile neue Beobachtungsdaten von Fleming 1, die vom Very Large Telescope (VLT) der ESO stammen, mit bereits vorhandenen Computermodellen kombiniert, um im Detail nachzuvollziehen, wie sich die teilweise geradezu bizarren Formen der planetarischen Nebel bilden.

Mit dem VLT untersuchten die Astronomen dabei das Licht des Sterns in der Mitte des planetarischen Nebels. Dabei stellte sich heraus, dass es sich bei dem Zentralstern von Fleming 1 wahrscheinlich nicht nur um einen, sondern gleich um zwei Weiße Zwerge handelt, die einander einmal alle 1,2 Tage umkreisen. Zwar ist dies nicht der erste Nachweis von Doppelsternen in den Zentren von planetarischen Nebeln. Aber Systeme bestehend aus zwei Weißen Zwergen sind sehr selten.

„Der Ursprung der ebenso wunderschönen wie komplexen Strukturen von Fleming 1 und anderen ähnlichen planetarischen Nebeln ist jahrzehntelang kontrovers diskutiert worden”, erläutert Henri Boffin. „Die Astronomen hatten zwar schon zuvor Doppelsternsysteme als Verursacher im Auge, aber bisher ist man immer davon ausgegangen, dass die beiden Komponenten sehr weit auseinander stünden und dementsprechend eine Umlaufdauer von mindestens zehn Jahren haben müssten. Mit den Beobachtungsdaten von Fleming 1 und unseren Computermodellen konnten wir dieses ungewöhnliche System bis ins letzte Detail analysieren und dabei wenn auch indirekt mitten in das Herz des Nebels schauen. Dabei haben wir festgestellt, dass sich die beiden Sterne mehrere tausend Mal näher stehen als erwartet.”

Nähert sich ein Stern mit einer Masse vom bis zu achtfachen Wert der Sonne dem Ende seines Lebens, dann stößt er seine äußeren Schichten ab und verliert dabei einen Großteil seiner Masse. Starke Strahlung aus dem heißen Kernbereich des Sterns lässt die nach außen driftende Hülle später als planetarischen Nebel hell aufleuchten.

Während Sterne üblicherweise einfach nur kugelförmig sind, zeigen viele planetarische Nebel ein auffallend komplexes Aussehen mit knotenartigen Verdickungen, Filamenten und dichten Jets aus Materie, die verschlungenen Mustern folgen. Einige der eindrucksvollsten planetarischen Nebel, auch Fleming 1, zeigen punktsymmetrische Strukturen. Im Fall von Fleming 1 bildet das Material von den Polen ausgehend S-förmige Ausflüsse.

Das Pärchen aus Weißen Zwergen in der Mitte des Nebels ist für das Aussehen des Nebels direkt verantwortlich. Als die beiden ursprünglich sonnenähnlichen Sterne sich dem Ende ihres Lebens näherten, begannen sie, sich auszudehnen. Dabei wurde einer der beiden zeitweise zu einem stellaren Vampir, der Materie des anderen Sterns aufsaugte. Dieses Material sammelte sich zunächst in einer sogenannten Akkretionsscheibe rund um den Stern an. Bei ihrem gegenseitigen Umlauf kam es zu Wechselwirkungen beider Sterne mit der Scheibe, so dass diese begann, wie ein schief stehender Kreisel zu schwanken.

Diese „Präzessionsbewegung“ beeinflusst auch Materie, die von den Polen in Form von Jets senkrecht zur Akkretionsscheibe nach außen getrieben wird. Die neue Studie hat bestätigt, dass präzidierende Akkretionsscheiben in Doppelsternsystemen die symmetrischen Muster um planetarische Nebel wie Fleming 1 erzeugen.

Tiefe Aufnahmen mit dem VLT haben außerdem zur Entdeckung eines knotigen Rings aus Materie im innersten Bereich des Nebels geführt. Derartige Ringe hatte man auch schon bei anderen Typen von Doppelsternsystemen beobachtet; offenbar sind sie ein verräterisches Anzeichen für die Anwesenheit eines solchen Sternenpaars.

ESO / PH

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