Krebsnebel-Pulsar: it's Magic!
Magic-Teleskope messen die bisher höchsten Energien in der Gammastrahlung eines Pulsars und stellen die favorisierte Theorie infrage.
Der Pulsar im Zentrum des berühmten Krebsnebels ist ein wahres Energiebündel. Das haben jetzt die beiden beiden Magic-Teleskope auf der kanarischen Insel La Palma bestätigt. Sie beobachteten den Pulsar im bisher schwer zugänglichen Bereich der Gammastrahlen von 25 bis 400 Giga-Elektronenvolt und fanden, dass er tatsächlich Pulse mit der maximal messbaren Energie bis zu 400 GeV aussendet – mindestens 50-mal mehr als von Theoretikern erwartet. Dies aber bringt die Astrophysiker in Erklärungsnot: „Dahinter muss ein Prozess stecken, den wir noch nicht kennen“, sagt Razmik Mirzoyan, Projektleiter am Max-Planck-Institut für Physik, MPP.
Abb.: Der Krebspulsar stößt im Gamma-Bereich Pulse mit bis zu 400 GeV aus. Die Animation zeigt die gepulste Strahlung, gemessen mit beiden Magic-Teleskopen. (Bild: S. Klepser, MAGIC Coll.).
Der Neutronenstern im Krebsnebel ist einer der bekanntesten Pulsare. Er dreht sich 30-mal pro Sekunde um die eigene Achse und besitzt ein Magnetfeld, das mit 100 Millionen Tesla mehr als 1000 Milliarden Mal stärker ist als das irdische. Der Pulsar versorgt den berühmten Krebsnebel, der sich etwa 6000 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Stier befindet, mit Energie. Schon vor einigen Jahren haben die Magic-Teleskope Gammastrahlung vom Krebspulsar mit einer Energie von mehr als 25 GeV empfangen und dabei die von Satelliten gemessene Grenze um das Fünffache übertroffen. Diese Strahlung, so schlossen die Forscher damals, muss mindestens 60 Kilometer über der Oberfläche des Neutronensterns entstehen. Der Grund: Das Magnetfeld des Sterns schirmt die hochenergetischen Lichtteilchen zu wirksam ab, um eine Quelle sehr nahe am Stern bei derart hohen Energien noch sehen zu können.
Nun zeigen die Messungen von Magic über einen Zeitraum von zwei Jahren, dass der pulsierende Ausstoß mit einer Energie von 400 GeV weit über die erwarteten Werte hinausgeht – und das auch noch in extrem kurzen Impulsen von etwa einer Millisekunde Dauer. Das Ergebnis stellt die bisherigen Theorien über Pulsare in Frage, denn bisher galten für alle diese Objekte deutlich niedrigere Energieobergrenzen.
Abb.: Der Krebsnebel in unterschiedlichem Licht betrachtet – optisch (links oben) und per Röntgenteleskop (Mitte) sowie eine grafische Darstellung des Pulsar-Magnetfelds (rechts). Die Lichtkurve (unten) zeigt den periodischen Ausstoß von Gammastrahlen in einem Abstand von 0,0337 Sekunden wieder, das heißt, zwei Pulse pro Umdrehung. (Bild: NASA, ESA, J. Hester, A. Loll, CXC, SAO, F. Seward et al., MAGIC Coll.)
Ein neues Modell des mit dem Magic-Team kooperierenden Theoretikers Kouichi Hirotani von Academia Sinica des Institute of Astronomy and Astrophysics in Tawain erklärt das Phänomen mit einem kaskadenartigen Vorgang: Danach entstehen sekundäre Teilchen, die die von der Magnetosphäre des Pulsars gebildete Barriere überwinden können. Eine andere mögliche Erklärung von Felix Aharonian von Dublin Institute for Advanced Studies und weiteren Forschern verbindet dieses Emissionsmerkmal mit der ebenso rätselhaften Physik des dunklen Pulsarwinds – einem Strom aus Elektronen und Positronen sowie elektromagnetischer Strahlung, der letztlich im Krebsnebel aufgeht.
Doch auch die aktuellen Modelle erklären weder die extrem hohe Energie noch die Kürze der Impulse befriedigend. So hoffen die Astrophysiker auf zukünftige Beobachtungen, die hierzu die Datenstatistik verbessern und das Rätsel lösen helfen.
MPG / OD