Kugelsternhaufen – nur die größten überleben
Simulationen zufolge zerstört das Schwerkraft-Chaos während eines Starbursts kleinere Ansammlungen in recht kurzer Zeit.
Rund um die Milchstraße befinden sich etwa 200 sphärische Sternansammlungen, die aus je bis zu einer Million Sternen bestehen. Mit einem Alter von 13 Milliarden Jahren sind diese Kugelsternhaufen fast so alt wie das Universum selbst und enthalten wertvolle Informationen, wie sich die ersten Sterne und Galaxien gebildet haben. Ein Astronomenteam aus Deutschland und den Niederlanden hat nun ihre Entstehung neu am Computer simuliert. Demnach haben diese riesigen Sternhaufen den Tumult in der Frühzeit des Kosmos überstanden, die meisten ihrer kleineren Geschwister jedoch nicht.
Abb.: Der galaktische Kugelsternhaufen Messier 80 (M80) im Sternbild Skorpion enthält mehrere hunderttausend Sterne. (Bild: HST – Nasa / Esa)
Kugelsternhaufen haben eine bemerkenswerte Eigenschaft: die typische Sternzahl in diesen Haufen scheint im ganzen Universum etwa gleich zu sein. Ganz im Gegensatz zu viel jüngeren Sternhaufen, die nahezu eine beliebige Anzahl von Sternen enthalten können, von weniger als hundert bis zu vielen tausend. Die Wissenschaftler erklären diesen Unterschied nun durch die Bedingungen, unter denen sich Kugelsternhaufen früh in der Entwicklung ihrer Galaxien gebildet haben.
Die Forscher führten Simulationen von isolierten und kollidierenden Galaxien durch, in denen auch ein Modell für die Entstehung und Zerstörung von Sternhaufen enthalten war. Bei einer Galaxienkollision gibt es oft spektakuläre Starbursts und es entsteht eine Fülle von hellen, jungen Sternhaufen in ganz unterschiedlichen Größen. Deshalb dachte man, die Gesamtzahl der Sternhaufen erhöhe sich während eines Starbursts. Das deutsch-niederländische Team fand nun aber mit seinen Simulationen heraus, dass genau das Gegenteil der Fall ist.
Abb.: In den kollidierenden Antennae Galaxies NGC 4038/4039 gibt es eine Vielzahl heller, junger Sternhaufen (bläulich). Diese Gruppen treten meist nahe bei Regionen mit intensiver Sternentstehung auf. (Bild: HST – Nasa / Esa)
Während die hellsten und größten Haufen aufgrund ihrer eigenen Anziehungskraft tatsächlich in der Lage sind eine Galaxienkollision zu überleben, reißen die zahlreichen kleineren Haufen durch die sich rasch ändernden Gravitationskräfte bei Starbursts mit Gas, Staub und Sternen ausSchweinander. Diese Phase des Starbursts fand nach etwa zwei Milliarden Jahren ein Ende und die Forscher waren überrascht zu sehen, dass nur Haufen mit einer hohen Sternzahl überlebt hatten. Die Eigenschaften dieser Haufen waren außerdem genau jene, die man für junge Kugelsternhaufen vor etwa 11 Milliarden Jahren erwarten würde.
In den Simulationen werden die meisten Sternhaufen schon kurz nach ihrer Entstehung zerstört, im lebensfeindlichen Umfeld der jungen Galaxie. Nach dem Ende dieses Abschnitts leben die übrig gebliebenen Kugelsternhaufen ruhig bis zum heutigen Tag weiter. Um ihre Ideen zu testen, schlagen die Forscher neue Beobachtungen vor, um die schnelle Zerstörung der kleineren Sternhaufen direkt in Aktion zu sehen.
Den Simulationen zufolge legen die die Bedingungen bei der Entstehung der Kugelsternhaufen die meisten ihrer Eigenschaften fest. Da sich die Kugelsternhaufen heute alle sehr ähnlich sind, dürften sie sich in der gleichen Umgebung – wenn auch in unterschiedlichen Galaxien – gebildet haben. In diesem Fall dienen sie als fossile Zeitzeugen für die Bedingungen, unter denen einst die ersten Sterne und Galaxien entstanden.
MPA / OD
Weitere Infos
Animation zweier kollidierender Galaxien in der neuen Simulation, die 3,3 Milliarden Jahre umfasst. Am Ende verschmelzen die Galaxien und zerstören dabei viele der Sternhaufen (hier als Punkte dargestellt; Quelle: D. Kruijssen, MPA):