14.10.2013

Lasern mit Graphen

Das Wundermaterial eignet sich dank möglicher Besetzungsinversion für Terahertz-Laser.

Graphen ist reißfester als Stahl und leitet Elektronen besonders schnell. Dabei ist es transparent, leicht und flexibel. Kein Wunder, dass es zahlreiche Anwendungen finden soll, etwa in besonders schnellen Transistoren oder flexiblen Displays. Wie ein Team um Forscher des Hamburger MPI für Struktur und Dynamik der Materie nun gezeigt hat, erfüllt es auch eine wichtige Bedingung, um in neuartigen Lasern für langwellige Terahertz-Pulse zum Einsatz zu kommen. Bislang gibt es keine Laser, welche die für die Forschung interessante Terahertz-Strahlung direkt erzeugen. Dass das mit Graphen möglich sein könnte, deuteten zwar bereits theoretische Studien an. Es gab daran aber auch begründete Zweifel, die das Hamburger Team nun ausgeräumt hat. Die Wissenschaftler haben zugleich aber festgestellt, welche Grenzen die Einsatzmöglichkeiten von Graphen haben: In einer weiteren Messung zeigten sie, dass das Wundermaterial sich nicht, wie bislang angenommen, als effizienter Absorber für Solarzellen nutzen lässt.

Abb.: Eine Quelle für Lichtblitze: Die wabenförmigen Kohlenstofflagen des Graphen eignen sich als aktives Material für Laser, die sehr kurze Terahertzpulse abgeben könnten. (Bild: J. Harms)

Eine Voraussetzung für die Erzeugung von Laserlicht ist eine Besetzungsinversion, bei der sich mehr Elektronen im höheren Energiezustand befinden als im niedrigeren. Nicht jedes Material kann die Bedingung erfüllen. Eine Besetzungsinversion in Graphen haben Isabella Gierz und ihre Hamburger Kollegen in Zusammenarbeit mit der Central Laser Facility in Harwell, England, und dem MPI für Festkörperforschung in Stuttgart erzeugt und nachgewiesen. Dies ist insofern überraschend, als Graphen eine wichtige Eigenschaft eines klassischen Halbleiters, die lange als Voraussetzung für eine Besetzungsinversion galt, nicht mitbringt: eine Bandlücke.

Im Graphen ist der verbotene Energiebereich allerdings verschwindend klein. „Trotzdem verhalten sich die Elektronen im Graphen ähnlich wie in einem klassischen Halbleiter“, sagt Gierz. Graphen sei gewissermaßen ein Halbleiter, dessen Bandlücke Null betrage. Da ihm eine echte Bandlücke fehlt, bleibt die Besetzungsinversion im Graphen nur für etwa hundert Femtosekunden aufrecht erhalten. „Daher lässt sich Graphen nicht für kontinuierlich strahlende Laser nutzen, wohl aber für ultrakurze Laserpulse“, erklärt Gierz.

Ein solcher Graphen-Laser wäre vor allem für die Forschung interessant. Denn er würde Laserlicht mit besonders langen Wellenlängen verstärken, Terahertz-Strahlung. Solches Laserlicht könnte in der Grundlagenforschung etwa dazu dienen, Hochtemperatur-Supraleiter zu erforschen. Bislang wird Terahertz-Strahlung durch vergleichsweise ineffiziente nichtlineare optische Prozesse erzeugt. Außerdem ist der zugängliche Wellenlängenbereich durch das verwendete nichtlineare Material häufig stark eingeschränkt. Mit Graphen, das zeigen die jetzigen Ergebnisse, wäre eine breitbandige Verstärkung beliebig großer Wellenlängen möglich.

In einer anderen Hinsicht haben die Hamburger Forscher jedoch den Hoffnungen, die Materialwissenschaftler in Graphen setzten, einen Dämpfer verpasst. Graphen eignet sich nämlich offenbar nicht, um in Solarzellen Strom aus Licht zu erzeugen. „Unsere Messungen haben gezeigt, dass ein einzelnes Photon im Graphen nicht wie erwartet mehrere Elektronen freisetzen kann“, sagt Gierz. Dies wäre eine Voraussetzung für eine effiziente Energieumwandlung von Licht zu Strom.

Die Hamburger Forscher haben das Graphen mit zeitaufgelöster Photoelektronenspektroskopie untersucht. Dabei strahlen sie ultraviolettes Licht auf die Probe ein. Dieses schlägt Elektronen aus der Probe heraus, deren Energie und Austrittswinkel die Physiker messen. Aus den Daten leiten sie die Energieverteilung der Elektronen im Material ab. Auch wie sich die Energieverteilung zeitlich ändert, finden sie auf diese Weise heraus.

Das Graphen stellten die Wissenschaftler durch thermische Zersetzung von Siliziumcarbid her. Dieses Verfahren eigne sich auch für die Herstellung eines Graphen-Lasers, betont Gierz. Denn für Terahertz-Strahlung sei die Siliziumcarbid-Unterlage transparent und störe nicht. Allerdings müsse für einen Graphen-Laser noch viel Entwicklungsarbeit geleistet werden, räumt die Physikerin ein.

CM / DE

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