12.10.2016

Leben im Meteoritenkrater

Detaillierte Analysen von Bohrkernen aus dem Chicxulub-Krater vor der Küste Mexikos.

Ein inter­nationales Wissenschaft­lerteam hat im April und Mai dieses Jahres in den Chicxulub-Einschlags­krater vor der Küste Mexikos gebohrt. Dabei wurden Bohrkerne mit einer Gesamtlänge von über 830 Metern gewonnen, die jetzt am MARUM – Zentrum für Marine Umwelt­wissenschaften der Universität Bremen untersucht werden. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass es Spuren mikro­biellen Lebens nach dem Einschlag gibt.

Abb.: Von der Bohrplattform Myrtle aus hat das Team im April und Mai in den Chicxulub-Einschlagskrater gebohrt. (Bild: Pérez-Cruz / ECORD_IODP)

Der Chicxulub-Einschlag­krater ist der einzige bekannte terres­trische Krater, der direkt mit einem Massen­sterben in Verbindung gebracht wird. Die durch den Einschlag entstandenen Abla­gerungen lassen sich global nachweisen. Zudem gilt der Krater mit einem Durchmesser von 200 Kilometern, der vor 66 Millionen Jahren durch einen Meteoriten­einschlag entstand, als relativ gut erhalten – obwohl er mehrere hundert Meter unter Sediment und Gestein vor der Küste Mexikos begraben liegt.

Bis zum Einschlag haben Dinosaurier und marine Reptilien die Erde bevölkert. Eine Serie von katas­trophalen Ereignissen, die auf den Einschlag folgten, hat zwar das Aussterben von allen größeren Tieren verursacht, letztendlich aber auch dazu beigetragen, dass sich Säugetiere und schließlich auch die Menschheit entwickeln konnten. Bei der inter­nationalen Forschungs­bohr-Expedition wurde eine nahezu komplette Abfolge von Gesteins­bohrkernen zwischen 506 und 1335 Metern Tiefe unter dem heutigen Meeres­boden gewonnen. Das inter­nationale Team untersucht die Bohrkerne im Detail, um besser zu verstehen, wie sich ein Einschlag auf die Erde und das Leben auswirkt.

Etwa 120 Meter der Gesteins­abfolge bestehen aus Kalkstein­ablagerungen, die zwischen 66 Millionen und rund 50 Millionen Jahren entstanden sind. Darunter finden sich weitere 120 Meter aus zerbrochenen und geschmol­zenen Gesteinen, die einen Gebirgsring vergraben – den Peak Ring, der das Zentrum des Kraters umgibt. Laut Joanna Morgan und Sean Gulick, die wissen­schaftlichen Fahrt­leiter der Expedition, gibt es Anzeichen dafür, dass beim Einschlag ein hydro­thermales System existiert haben muss mit Zirkulation von Fluiden durch die zerbrochenen und aufge­schmolzenen Gesteine, die den Peak Ring bedecken.

Das Team hat auch heraus­gefunden, dass sich mikrobielles Leben im Krater entwickeln konnte – vermutlich die Chemie und poröse Beschaf­fenheit des zerbrochenen und geschmolzenen Gesteins nutzend. Die insgesamt 31 Wissen­schaftler haben außerdem festgestellt, dass die Abla­gerungen, die den Krater bedecken, die kritischen Zeit­intervalle enthalten, als sich das Leben im Meer nach dem Einschlag erholt hat – trotz der toxischen Umstände, die nach dem Einschlag für eine gewisse Zeit nach dem Aufprall geherrscht haben.

Nach der Offshore-Phase im Frühjahr wurden mit einem medi­zinischen Computer­tomographen in Houston CT-Scans der noch unge­öffneten Bohrkerne angefertigt. Im MARUM werden die Kerne jetzt der Länge nach in zwei Hälften gesägt – jeweils eine Arbeits- und eine Archiv­hälfte. Aus der Arbeits­hälfte werden nach gründlicher Beschreibung ausgewählte Proben genommen, die die Wissen­schaftler nach IODP-Standards an der Universität Bremen untersuchen und in den kommenden Monaten und Jahren in ihren Heimatlaboren noch weiter analysieren werden. An den Archiv­hälften werden zerstörungs­freie Messungen durchgeführt, ansonsten bleiben diese für künftige Studien intakt.

MARUM / JOL

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