Leibniz-Preis: Präzisionsmessungen und topologische Phasen
Die beiden Physiker Klaus Blaum und Frank Pollmann gehören zu den DFG-Leibniz-Preisträgern 2026.
Maike Pfalz / DFG
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) zeichnet drei Wissenschaftlerinnen und sieben Wissenschaftler mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2026 aus. Darunter sind der experimentelle Physiker Klaus Blaum vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg und der theoretische Physiker Frank Pollmann von der TU München. Der Preis ist mit jeweils 2,5 Millionen Euro dotiert, welche die Ausgezeichneten bis zu sieben Jahre lang nach eigenen Vorstellungen und ohne bürokratischen Aufwand für ihre Forschungsarbeit verwenden können.

Klaus Blaum wird ausgezeichnet für seine Präzisionsmessungen von Naturkonstanten und Symmetrien mithilfe von Ionen in elektromagnetischen Fallen. Er möchte fundamentale physikalische Konstanten genauer bestimmen, Symmetrien und Kräfte der Natur präziser verstehen und das Standardmodell der Teilchenphysik experimentell auf den Prüfstand stellen. Dazu fängt er einzelne Ionen in einer Überlagerung aus elektrischen und magnetischen Feldern und vermisst Eigenschaften wie ihre Massen und magnetischen Momente.
Er erzielte bahnbrechende Ergebnisse bei der Untersuchung der Unterschiede von Materie und Antimaterie, unter anderem gelang ihm der genaueste Vergleich des Ladungs-zu-Masse-Verhältnisses von Protonen und Antiprotonen. In der Atomphysik konnte er theoretische Vorhersagen für das magnetische Moment eines Elektrons in einem wasserstoffähnlichen Zinn-Ion mit noch nicht erreichter Genauigkeit testen und bestätigen. In einem solchen Ion erfährt ein Elektron ein extrem starkes elektrisches Feld. Zudem führte er die weltweit genaueste Messung der maximalen frei werdenden Energie im radioaktiven Zerfall von Holmium 163 durch – ein bedeutendes Ergebnis für die weltweiten Versuche, die Masse von Neutrinos absolut zu bestimmen.
Klaus Blaum studierte Physik an der Universität Mainz, wo er auch promovierte. Ab 2000 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am CERN bei Genf, Schweiz. 2004 übernahm er die Leitung einer Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsgruppe an der Universität Mainz und wurde dort 2006 habilitiert. Ein Jahr später wurde er als Direktor an das Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg berufen und lehrt seit 2008 als Honorarprofessor an der Universität Heidelberg. Blaum erhielt zweimal einen ERC Advanced Grant (2011, 2019) und unter anderem im vergangenen Jahr die Stern-Gerlach-Medaille der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und 2020 den Lise-Meitner-Preis der Europäischen Physikalischen Gesellschaft. Er ist Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina sowie Auswärtiges Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften.
Frank Pollmann von der TU München erhält den Leibniz-Preis für seine Arbeiten zur theoretischen Quantenphysik, insbesondere zur Statistischen Mechanik vieler Teilchen und deren Verbindung zur Quanteninformationstheorie. Materie tritt in verschiedenen Phasen mit unterschiedlichen Eigenschaften auf – Frank Pollmann interessiert sich insbesondere für topologische Phasen, die sich mit ihren niedrigen Energieanregungen stark von herkömmlichen Phasen der Materie unterscheiden. Diese „exotischen“ Phasen könnten in Zukunft als Bausteine für Quantencomputer dienen. Als theoretischer Physiker arbeitet Pollmann unter anderem daran, konkrete dynamische Eigenschaften solcher Phasen vorherzusagen und in Modellsystemen zu simulieren. Bei der Erkundung neuer Phänomene liegt sein Schwerpunkt auf Spin-Gitter-Modellen. Hierzu hat er bahnbrechende Methoden zur numerischen Simulation dieser Modelle entwickelt. In jüngster Zeit zeigte er durch eine Fehleranalyse, dass real existierende Quantenrechner zur numerischen Simulation von topologischen Phasen in Quanten-Gitter-Modellen dienen können. Diese und weitere Arbeiten machen ihn zu einem Vorreiter des wissenschaftlichen Rechnens.
Frank Pollmann studierte Physik an der TU Braunschweig und dem Royal Institute of Technology in Stockholm, Schweden. Nach seiner Promotion am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme (MPIPKS) und der TU Dresden im Jahr 2006 forschte er als Postdoc am MPIPKS, an der University of California, Berkeley, USA, und an der Academia Sinica in Taipeh, Taiwan. 2011 kehrte er nach Deutschland zurück, um eine Nachwuchsgruppe am MPIPKS zu leiten. Im Jahr 2016 wurde Pollmann zum Associate Professor und 2022 zum Full Professor an der TU München ernannt. Er erhielt zahlreiche wissenschaftliche Auszeichnungen, unter anderem die Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft 2007, den Walter-Schottky-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft 2015 und einen ERC Consolidator Grant 2017.
Verliehen werden die Leibniz-Preise am 18. März 2026 in Berlin.













