20.09.2016

Löcher im Planetenkindergarten

Innere Lücke in protoplanetarer Scheibe um TW Hydrae durch Photoevaporation bedingt.

Als die Bilder Ende März dieses Jahres um die Welt gingen, versetzten sie die Fachwelt in Aufregung. Sie zeigten eine Scheibe, fast wie eine Schallplatte, nur leicht psychedelisch angehaucht in fettem Rot und Orange. Eine solche proto­planetare Scheibe aus Gas und Staub rund um einen vergleichs­weise jungen Stern – das ist der Ort, an dem Planeten entstehen. Mehr noch: In den neuen besonders detail­genauen Aufnahmen zeigen sich ringförmige Lücken rund um den Stern, der den Namen TW Hydrae trägt. Die könnten in der Tat junge Planeten in die Staubwolke gepflügt haben, mutmaßten Experten. Und bei der inneren dieser Lücken lag die Umlaufbahn um den Stern in einer Entfernung, die dem Abstand zwischen unserer Erde und der Sonne entspricht – ein Indiz dafür, dass ein solcher Exoplanet womöglich erdähnlich sein könnte.

Abb.: Die protoplanetare Scheibe um den Stern TW Hydrae (Bild: S. Andrews / B. Saxton / Harvard-Smithsonian CfA / NRAO / AUI / NSF / ALMA / ESO / NAOJ)

Ein internationales Team um Barbara Ercolano von der Universitäts­stern­warte der Ludwig-Maximilians-Universität München hat die Beobachtung nun mit der Theorie abgeglichen. Ihr Fazit: Die prominente innere Lücke ist danach nicht durch die Flugbahn eines Planeten entstanden, sondern durch einen Vorgang namens Photo­evaporation: Die starke Röntgen­strahlung, die der Stern aussendet, lässt die Materie­teilchen der Wolke regelrecht verdampfen und sorgt am Ende für die Auflösung der Scheibe. Für die Wissenschaftler ähnlich faszinierend: Erstmals biete sich so die Gelegenheit, den Zerfall der proto­planetaren Scheibe im Detail zu untersuchen.

Die protoplanetare Scheibe um den Stern TW Hydrae ist seit Langem ein beliebtes Studien­objekt: Sie ist nur 175 Lichtjahre von der Erde entfernt, der Stern ist relativ jung. Und die Teleskope auf der Erde haben eine gute Draufsicht auf die Scheibe. Die neuen spektakulären Aufnahmen stammen vom Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), einem Radioteleskop in der Wüste Nordchiles.

Die Photoevaporation ist ein zentrales Phänomen in der Planeten­küche. Denn sie leitet nicht nur den Zerfall einer proto­planetaren Scheibe ein, die Berechnungen zufolge eine Lebens­dauer von etwa zehn Millionen Jahren hat. Sie sorgt auch dafür, dass noch junge Planeten überleben und nicht von der Mutter­sonne unweigerlich angezogen und gefressen werden – was nicht selten passiert. Die Lücken, die die Photo­evaporation in die Scheibe schlägt, schaffen eine Art Schutzraum.

Ursprünglich kleinste und kleine Materieklumpen können so zu Planeten heranwachsen und ihre Bahnen um den Stern ziehen. Ercolano allerdings glaubt, dass die in den ALMA-Aufnahmen beobachtete innere Lücke eben nicht auf die Entstehung eines Planeten hindeutet, sondern auf Zerfall, weil eine ganze Reihe von Charakteristika der TW-Hydrae-Scheibe mit Ercolanos Photo­evaporations­modell übereinstimmen, etwa der Abstand der Lücke zur Muttersonne, die sogenannte Massen-Akkretions­rate sowie die Größen- und Dichte­verteilung der Partikel.

LMU / DE

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