01.03.2016

Mikroquasar erzeugt Elektron-Positron-Plasma

Satelliten-Observatorium Intergral weist charak­te­ris­tisches Gamma­strahlen-Signal nach.

Mikroquasare sind enge Doppelsysteme aus einem schwarzen Loch und einem normalen Stern. Das schwarze Loch akkretiert Materie von dem nahen Begleitstern und der Materie-Zustrom bildet eine Akkretionsscheibe um das Schwarze Loch. Die Scheibe erhitzt sich auf Röntgen-Temperaturen und strahlt daher hell. Sie verdeckt jedoch zugleich die Sicht auf den Innen­bereich, in dem Materie hinter dem Ereignis­horizont ver­schwindet. Die Akkretion setzt große Mengen an Energie frei, und diese Energie heizt auf noch un­ver­ständ­liche Weise das um­gebende Gas auf. Zudem stoßen Mikro­quasare heiße Plasma­jets mit hoher Geschwin­dig­keit aus.

Abb.: Künstlerische Darstellung einer Mikroquasars mit einem stellaren schwarzen Loch, das Materie von einem Begleitstern akkretiert und dabei eine Akkretionsscheibe sowie Jets bildet. (Bild: NASA / ESA)

Die meiste Zeit verbringt ein Mikroquasar eher ruhig, langsam und stetig wird Materie von der Innenkante der Akkretionsscheibe um das schwarze Loch abgezogen. In diesen Phasen, aber noch mehr während der gelegentlichen, plötzlichen Ausbrüche, bleibt der Innenbereich in der Nähe des schwarzen Lochs sogar für hochenergetische Gammastrahlen undurchsichtig. Es war daher lange Zeit praktisch unmöglich zu untersuchen, wie die Akkretion von Materie zu den beobachteten Phänomenen führt.

Der Mikroquasar V404 Cygni befindet sich nur 8000 Lichtjahre entfernt im Sternbild Schwan (Cygnus), die Parameter dieses Doppelsternsystems sind gut bekannt. Nach 26 Jahren mit eher ruhiger Akkretion und Strahlung flackerte das System im Sommer 2015 plötzlich hell auf. In der Zeit zwischen dem 17. und dem 30. Juni 2015 beobachteten Astronomen intensive Röntgen- und Gammastrahlung, um ein Vielfaches stärker als der Krebs­nebel, der normalerweise die hellste Lichtquelle am Hochenergie-Himmel ist.

„Solch ein extrem starker Ausbruch sollte zur Bildung von großen Mengen an Elektron-Positron-Plasma führen“, erklärt Roland Diehl vom MPI für extra­terres­trische Physik. „Viele der Teilchen zerstrahlen sofort wieder miteinander und senden eine sehr charakteristische, energiereiche Strahlung mit einer Energie von 511 keV im Ruhesystem der Quelle aus. Und genau diese Linie, mit den erwarteten kinematischen Verzerrungen, konnten wir beobachten. Das ist das erste Mal, dass wir ein klares Signal von Positronen aus einem gut bekannten Doppelsternsystem mit einem schwarzen Loch sehen.“

Die Daten wurden in drei Epochen von etwa drei Tagen gruppiert und in jeder Epoche wurde ein hochsignifikanter Überschuss an Leuchtkraft im MeV-Bereich entdeckt. Theoretische Arbeiten zeigen, dass dieses Signal weder von der Akkretionsscheibe noch von der Korona stammen kann, sondern sich nur durch die Produktion von Elektronen und Positronen und deren Annihilation erklären lässt. Diese Paare von Teilchen und Anti-Teilchen werden in der Nähe des schwarzen Lochs von der hochenergetischen Gammastrahlung während intensivierter Phasen der Akkretion erzeugt. Aufgrund der geringen Größe der Quelle ist dieser Prozess ist sehr effizient. Das Paar-Plasma wird kontinuierlich erzeugt und auf dem Weg nach außen vernichtet, immer noch relative nahe am schwarzen Loch. Bei V404 Cygni war die zerstrahlende Positronen-Menge nun groß genug um dieses Gamma-Signal zu erkennen. „Sobald das besondere Röntgensignal von V404 Cygni nach dem Aufflackern verblasste, verschwand auch das Annihilationssignal“, sagt Thomas Siegert vom MPE. „Diese Messung gibt uns Informationen aus dem Innenbereich der Akkretionsscheibe, von Prozessen in der unmittelbaren Umgebung des schwarzen Lochs. Unsere Analyse stellt zudem eine natür­liche Verbindung her zwischen dem Prozess der Paarbildung und dem später beobachteten Plasmastrom in den Radiojets, die viel weiter von der inneren Quelle entfernt sind. „

Das Paar-Plasma lässt sich leicht beschleunigen und erreicht dabei eine hohe Geschwindigkeit, wie in Radioemission beobachtet. Der Ausstoß von Elektron-Positron-Paaren macht Mikroquasare außerdem zu effizienten Produktionsstätten von Positronen, die das umgebende Medium überfluten. Sie wurden bereits lange als mögliche Quellen für das ausgedehnte diffuse Leuchten der gesamten Galaxie im Licht von Annihilations-Gammastrahlen angeführt. Die jetzigen Ergebnisse werfen ein neues Licht auf die Positronen-Emission von Mikroquasaren und können helfen zu verstehen, warum diese diffuse Positronen-Vernichtungsstrahlung in unserer Milchstraße so hell ist, insbesondere in der zentralen Region.

MPE / RK

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