17.12.2025

Mini-Partikel und die Entstehung von Blitzen

Forschende am ISTA haben eine Methode ent­wick­elt, um mikro­meter­große Par­ti­kel mit Lasern ein­zu­fangen und sie auf­zu­laden, um deren Lade- und Ent­ladungs­dyna­mik im Lau­fe der Zeit zu beob­ach­ten.

Manche Aerosole sind groß und sicht­bar, wie etwa Pollen im Früh­ling. Andere sind so winzig, dass sie für das mensch­liche Auge nicht er­kenn­bar sind, wie Viren während der Grippe­saison. Manche wiede­rum kann man sogar schmecken, wie die Salz­kris­talle, die man mit der Meeres­luft an der Küste ein­atmet. Die Dokto­randin Andrea Stöll­ner forscht am Insti­tute of Science and Techno­logy Aus­tria (ISTA) in den Grup­pen von Scott Waitu­kaitis und Caro­line Muller zu Eis­kris­tallen in Wolken. Um heraus­zufinden, wie sich Eis­kris­talle ansam­meln und mit elek­tri­scher Ladung inter­agieren, nutzt die öster­reichische Wissen­schaft­lerin Modell-Aerosole – winzige, trans­parente Silizium­dioxid-Partikel.

Stöllner, Isaac Lenton, Scott Waitukaitis und ihre Kolleg:innen haben nun eine Technik entwickelt, bei der sie mithilfe von zwei Laserstrahlen ein einzelnes Modell-Aerosol einfangen, fixieren und elektrisch aufladen können. Dieser Ansatz könnte in verschiedenen Bereichen Anwendung finden, unter anderem bei der Erforschung der elektrischen Aufladung von Wolken und der Entstehung von Blitzen.

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Aaron D. Ratschow und Ilia V. Roisman • 12/2025 • Seite 17

Tropfen mit Charakter

Die grünen Laserstrahlen in Stöllners Aufbau bewegen sich im Zickzack durch eine Art Hindernisparcours und laufen schließlich in zwei Ströme zusammen, die in einer Kammer münden. Hier treffen die beiden Strahlen aufeinander und bilden eine optische Pinzette. „Als ich zum ersten Mal ein Teilchen eingefangen habe, war ich überglücklich“, erinnert sich Stöllner an ihren Aha-Moment vor zwei Jahren, kurz vor Weihnachten. „Scott Waitukaitis und meine Kolleg:innen stürmten ins Labor und warfen einen kurzen Blick auf den eingefangenen Aerosolpartikel. Damals hielt es genau drei Minuten lang, dann war das Teilchen wieder verschwunden. Jetzt können wir es wochenlang in dieser Position halten.“

Die Wissenschafterin benötigte fast vier Jahre, um das Experiment so weit zu bringen, dass es zuverlässige Daten lieferte. Ausgangspunkt war eine frühere Version des Setups, welches von ihrem Kollegen, dem ehemaligen ISTA-Postdoc Isaac Lenton entwickelt, worden war. „Ursprünglich war unser Aufbau so konzipiert, dass er nur ein einziges Partikel halten und dessen Ladung analysieren sollte. Wir wollten damit herausfinden, wie Feuchtigkeit dessen Ladungen verändert“, erklärt Stöllner. „Aber so weit sind wir nie gekommen. Die von uns verwendeten Laser laden nämlich unsere Aerosolpartikel auf.“ 

Wie die Forschenden entdeckten, laden die Laser die ansonsten neutralen Partikel durch einen Zwei-Photonen-Prozess schrittweise auf. Für Stöllner ist es eine spannende Entdeckung, diesen Mechanismus zu verstehen, die sie für ihre Forschung nutzen kann: „Wir können nun die Entwicklung eines einzelnen Aerosolpartikels von der neutralen bis zur hochgeladenen Ladung genau beobachten und auch die Laserleistung anpassen, um die Ladegeschwindigkeit zu steuern.“

Diese Beobachtung zeigt auch, dass das Partikel, wenn es positiv geladen wird, beginnt, sich zu entladen. Das bedeutet, dass es gelegentlich spontan Ladungen abgibt. Weit über unseren Köpfen könnte in den Wolken etwas Ähnliches geschehen.

Gewitterwolken enthalten Eiskristalle und größere Eiskörner. Wenn diese aufeinanderprallen, tauschen sie Ladungen aus. Schließlich lädt sich die Wolke so stark auf, dass sich Blitze bilden. Der erste kleine Funke eines Blitzes könnte dabei an den geladenen Eiskristallen selbst entstehen. Wie genau Blitze aber entstehen, bleibt weiterhin ein Rätsel. Einige alternative Theorien gehen davon aus, dass kosmische Strahlen den Prozess auslösen, da die von ihnen erzeugten geladenen Teilchen aus bereits vorhandenen elektrischen Feldern beschleunigt werden. Laut Stöllner ist der derzeitige Konsensus aber, dass das elektrische Feld in Wolken zu schwach ist, um Blitze zu verursachen.

„Unser neues Setup gibt uns die Möglichkeit, die Eiskristall-Theorie zu untersuchen, indem wir die Ladungsdynamik eines Teilchens im Laufe der Zeit genau beobachten“, erklärt Stöllner. Zwar sind die Eiskristalle in Wolken viel größer als die Modellkristalle, die Wechselwirkungen im Mikrobereich können aber Aufschlüsse über das Gesamtbild geben. [ISTA / dre]

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