24.07.2024

Mit drei Superlasern auf der Jagd nach Axionen

Neues Laborexperiment mit Laserlicht für die Suche nach den hypothetischen Elementarteilchen vorgeschlagen.

Seit mehr als vier Jahrzehnten wird nach ihnen gefahndet: Axionen, bis dato unentdeckte, hypothetische Teilchen, könnten die uns bekannten Naturgesetze verändern. Ihr Nachweis wäre eine Sensation. Forscher vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf schlagen jetzt ein neues Laborexperiment mit Laserlicht vor: Sie wollen Axionen im Licht von drei Superlaser-Strahlen aufspüren.

Abb.: Bei völliger Dunkelheit und einer Belichtungszeit von neunzig Sekunden...
Abb.: Bei völliger Dunkelheit und einer Belichtungszeit von neunzig Sekunden wird der Röntgenstrahl des European sichtbar. Hier könnten erste Experimente zum Nachweis von Axionen stattfinden.
Quelle: J. Hosan, European XFEL

Was hält die Welt im Innersten zusammen? Die Antwort der heutigen Physik ist das Standardmodell der Teilchenphysik. Es beschreibt, aus welchen elementaren Bausteinen Materie besteht und welche Kräfte zwischen diesen Elementarteilchen wirken. Es kann physikalische Phänomene von winzigen Skalen bis hin zur Größe des beobachtbaren Universums präzise beschreiben. Allerdings nur mit Ausnahmen: Zu den ungelösten Rätseln gehören zum Beispiel die Natur der dunklen Materie und gewisse Eigenschaften der starken Wechselwirkung, die sich nicht mit den bekannten physikalischen Gesetzen erklären lassen.

Daher suchen Physiker nach weiteren Puzzleteilen, bislang unentdeckten Teilchen außerhalb des Standardmodells. Prominentester Vertreter ist das Axion, ein hypothetisches Elementarteilchen, dessen Existenz gleich mehrere Probleme der Teilchenphysik auf einen Schlag lösen könnte und das auch als Kandidat für die dunkle Materie gehandelt wird. Sein Nachweis hätte tiefgreifende Auswirkungen auf die gesamte Physik und Kosmologie. Nur: Wie beobachtet man ein hypothetisches Teilchen, das – falls es existiert – kaum mit sichtbarer Materie wechselwirkt und dessen Masse unbekannt ist?

Eine Arbeitsgruppe am HZDR schlägt vor, gezielt Axionen zu erzeugen, indem zwei kollidierende Lichtstrahlen aus optischen Superlasern auf das Licht eines dritten Laserstrahls treffen – ein Röntgenlaser, der gleichzeitig in den Kollisionspunkt geschossen wird. Bei dieser „Licht-an-Licht-Streuung“ senden die Photonen jeweils ein Axion aus, das sich fast unmittelbar wieder in Lichtteilchen zurückverwandelt. Nach Berechnungen des Teams sollten diese Axionen trotz ihrer Kurzlebigkeit einen messbaren Effekt auf die so erzeugten Photonen haben, zum Beispiel deren Schwingungsrichtung ändern.

Dahinter verbirgt sich ein Quanteneffekt: die Polarisation des Vakuums. „Vakuum klingt, als wäre da gar nichts, aber das stimmt so nicht. Durch die von der Quantenphysik vorhergesagten Fluktuationen wird das Vakuum zu einem polarisierbaren elektromagnetischen Medium“, erklärt Ralf Schützhold vom HZDR.

Das vorgeschlagene Laser-Experiment soll diesen Effekt in einem bisher ungetesteten Bereich nachweisen – und gleichzeitig nach Axionen suchen. Denn im polarisierten Vakuum erfährt das Röntgenlicht eine Art Schubs und ändert dadurch seine Schwingungsrichtung. Ist diese Änderung stärker als vom Standardmodell vorhergesagt, wäre das ein starker Hinweis, dass Axionen im Spiel sind.

„Durch die Axionen käme ein zusätzlicher Effekt hinzu. Man kann sich das in etwa so vorstellen, als ob man einen starken Laser in Glas hineinschickt und dadurch dessen Brechungsindex etwas variiert“, sagt Schützhold. Einen Haken hat die Idee allerdings: Damit die Kollision der Laserstrahlen nicht nur das Vakuum polarisiert, sondern tatsächlich auch Axionen erzeugt, müssen der Aufbau und damit die Bedingungen für die Lichtstreuung zur Masse der Axionen passen. Doch darüber gehen Vermutungen weit auseinander. „Wie beim Higgs-Teilchen gibt es theoretische Hinweise darauf, dass es das Axion geben könnte. Im Gegensatz zum Higgs-Teilchen ist aber völlig unklar, welche Masse es haben könnte. Es gibt zwar Ideen, aber die Spannweite der möglichen Massen ist riesig“, betont Schützhold.

Das Laborexperiment würde vergleichsweise schwere Axionen messen, selbst wenn diese sehr kurzlebig sind. Damit schließt es eine Lücke zu anderen Experimenten, die voraussetzen, dass Axionen langlebig genug sind, um bestimmte Strecken im Raum zu überwinden. Schützhold will einen gewissen Massenbereich abscannen, indem er den Winkel zwischen den beiden optischen Laserstrahlen variiert – und damit die Bedingungen für die Lichtstreuung.

Dabei ist Geduld gefragt. „Die Wahrscheinlichkeit, gleich beim ersten Experiment Axionen zu erwischen, ist schon gering“, so Schützhold. „Ich erwarte, dass wir zunächst die theoretische Vorhersage der Vakuumpolarisation aus dem Standardmodell bestätigt sehen. Das wäre an sich bereits ein toller Erfolg. Gleichzeitig würde das aber auch bedeuten, dass wir in diesem Bereich Axionen mit bestimmten Eigenschaften ausschließen können. Das hilft uns, Axionen besser zu verstehen. Fantastisch wäre natürlich, wir finden ein Signal.“

Könnte damit das Rätsel um die dunkle Materie demnächst gelöst sein? „Selbst wenn wir etwas finden: Dort, wo wir schauen, ist nicht der Bereich, wo man typischerweise dunkle Materie vermuten würde“, sagt Schützhold. Denn Dunkle-Materie-Teilchen müssten langlebig sein. Vergleichsweise schwere, langlebige Axionen wären aber höchstwahrscheinlich schon früher in anderen Experimenten oder Sternbeobachtungen nachgewiesen worden. „Die kurzlebigen Axionen wären für dunkle Materie nicht besonders geeignet. Es sei denn, sie koppeln sehr stark und klumpen zum Beispiel in Zweiergruppen zusammen, die dann wieder sehr langlebig sein könnten“, erläutert Schützhold. „Das wäre dann eine andere Geschichte.“

HZDR / RK

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