18.04.2016

Mit Kerzenwachs Richtung Weltraum

Bremer ZepHyR-Rakete mit Öko-Treibstoff beim vierten Startversuch erfolgreich.

Bis zum Schluss blieb es spannend. Nachdem der „Hot Countdown“ für die ZepHyR dreimal abgebrochen werden musste, hat der Projekt­förderer, das Raumfahrt­management im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), schnell und unbürokratisch eine Projekt­verlängerung genehmigt. Am Samstag, 16. April 2016, um 11:57 Uhr erfolgte der reibungslose Start vom Raketen­startplatz Esrange in Kiruna, Schweden. Bei Testläufen in Bremen entwickelte der von den Studierenden konstruierte Hybrid-Raketen­antrieb, der ausschließlich mit Paraffin und flüssigem Sauerstoff arbeitet, sechs Megawatt thermische Leistung über 25 Sekunden – umgerechnet 8100 PS. Bei seinem ersten Flug­einsatz bewies er seine volle Funktions­fähigkeit und beförderte die Rakete auf eine Höhe von 1500 Metern.

Abb.: ZEpHyR-Rakete auf der Startrampe auf dem Raketenstartplatz Esrange im schwedischen Kiruna (Bild: ZARM)

Projektleiter Peter Rickmers ist sehr zufrieden: „Wir sind alle unglaublich froh, dass der Start nun geklappt hat. 1500 Meter Höhe ist zwar weniger als erwartet, aber das liegt wahrscheinlich daran, dass wir bei diesem Versuch über­vorsichtig waren und zu wenig Sauerstoff getankt haben. Genaueres werden wir erfahren, wenn wir die Rakete geborgen haben. Da wir bis 500 Meter vor der Landung ein GPS-Signal hatten, stehen die Chancen gut, dass wir sie auch wieder­finden. Die gesammelten Daten werden dann eingehend analysiert und hoffentlich für eine verbesserte Version des Antriebs für das STERN-2-Projekt genutzt."

Das gesamte ZepHyR-Team („ZARM Experimental Hybrid Rocket“) rund um Peter Rickmers ist am 3. April 2016 nach Kiruna geflogen, um beim Pionier­flug der Eigen­konstruktion vor Ort zu sein. Die Reise nach Schweden ist für die Bremer Studierenden im Fachbereich Produktions­technik die letzte Etappe des STERN-Programms, das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert wird und deutschen Universitäts­teams die Chance bietet mit der Entwicklung einer Rakete praxis­nahe Erfahrungen in der Raum­fahrt­forschung zu sammeln. Im Gegensatz zu vielen anderen Raketen­starts, bei denen Forschungs­teams das Geschehen nur als Zuschauer beobachten können, nahm das ZARM hier alles selbst in die Hand – vom Zusammenbau der Rakete über die Betankung bis hin zum lang­ersehnten Auslösen des Start­knopfs. Sogar den Launch-Adapter, der an der Start­rampe angebracht werden muss, um diese an die Abmessungen der ZepHyR-Rakete anzupassen, hat das Team aus Bremen mit­gebracht und eigen­händig montiert. Dass der vom ZARM entwickelte Öko-Hybrid­antrieb aus Paraffin und flüssigem Sauerstoff ein in Europa bisher einzig­artiges Konzept ist und in Kiruna nun zum ersten Mal als Raketen­antrieb getestet wurde, steigerte die Anspannung des Teams vor jedem Start­versuch zusätzlich.

Eine Stunde vor dem Raketenstart ertönt das laute Dröhnen des Warn­signals, das das breite Umland über die bevorstehende Aktivität auf dem Startplatz informiert und für alle Rentier­hirten das Zeichen ist, sich in Schutzhütten zu begeben. Spätestens wenn die zweite Sirene 15 Minuten vor dem Start die Rest­laufzeit des Count­downs ankündigt wird es ernst. Besonders beim vierten Mal muss man starke Nerven haben.

Als der Start dann doch noch funktioniert hat, war die Erleichterung entsprechend groß. Peter Rickmers: „Nachdem wir hier in Schweden in den letzten Tagen vor jedem Start unter hohem Druck standen, ist dieses Ergebnis eine tolle Belohnung für das ganze Team. Trotz schwierigster Bedingungen haben wir bewiesen, dass der Antrieb zuverlässig funktioniert. Außerdem haben wir alle – mich eingeschlossen – unglaublich viel gelernt.“ Für die Studierenden war die Woche in Schweden der Höhepunkt ihres bisherigen Studiums. Patrycja Kotarski studiert Produktions­technik mit Schwerpunkt Luft- und Raum­fahrt und ist seit sechs Monaten im Team: „Die Teilnahme hat sich für mich auf jeden Fall gelohnt: Es gibt wohl kaum eine spannendere Art und Weise Credit Points für meinen Uni-Abschluss und gleich­zeitig wertvolle Praxis­erfahrung zu sammeln.“

ZARM / DE

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