12.12.2012

Nano-Gold ist magnetisch

Überraschende Entdeckung: Wenn die Partikel klein genug und die richtigen Reaktionspartner vorhanden sind, kann das Edelmetall stark magnetisch werden.

Um Magnetismus im Gold ging es den Forschern um Molekularbiologin Sonja Selenska-Pobell gar nicht vordergründig. Vielmehr züchteten sie im Rahmen einer Promotion den Mikroorganismus Sulfolobus acidocaldarius – einen Vertreter der Archaeen – für biotechnologische Versuche. Die Zellwand dieser Einzeller besteht, anders als bei Bakterien, aus nur einer einzigen Komponente, dem so genannten S-Layer oder Hüllprotein. Diese membranartige, hoch-geordnete Oberflächenstruktur ist die einzige Schutzhülle des in extrem lebensfeindlichen Gebieten vorkommenden Organismus.

Abb.: Ein Einzeller macht es möglich: Ganz von selbst ordnen sich auf den Hüllproteinen von Sulfolobus acidocaldarius Goldatome zu magnetischen Nano-Clustern an. (Bild: HZDR)


Der S-Layer lässt sich nach der aufwendigen Züchtung der Archaeen-Kultur im Labor durch spezielle Verfahren vom Inhalt der Zellen lösen. Anders als bei den bakteriellen S-Layern, die häufig als Trägermaterial für metallische Nano-Cluster eingesetzt werden, ist es bei Sulfolobus acidocaldarius möglich, die Zellwand nicht in Fragmenten, sondern im Ganzen zu isolieren und zu reinigen. Das ist den Dresdner Wissenschaftlern gelungen. „Man muss sich das vorstellen wie einen winzig kleinen Ballon mit Poren“, erklärt Selenska-Pobell. „Nach der Isolierung haben wir eine perfekte, reine und extrem stabile Matrix, die als Trägermaterial für Nano-Cluster dienen kann.“

Die Wissenschaftler behandelten die schwefelhaltige Eiweiß-Hülle mit einer Goldlösung und benutzten dann ein Reduktionsmittel, um metallisches Gold zu erhalten. Das Ergebnis: Die Goldpartikel lagerten sich als Nano-Cluster auf der Eiweiß-Trägerschicht ab. Im Gegensatz zu auf Bakterien hergestellten Gold-Clustern wiesen die auf den Archaeen entstandenen Partikel-Ansammlungen eine Größe von rund zwei statt vier Nanometern auf. Und: Sie waren magnetisch. Hinweise darauf, dass kleinste Goldpartikel magnetische Eigenschaften haben könnten, gab es bereits von verschiedenen Forschergruppen. Den Dresdner Wissenschaftlern gelang es nun aber erstmalig, das Phänomen physikalisch eindeutig zu bestätigen.

„Das hat uns wirklich überrascht“, sagt Thomas Herrmannsdörfer, Physiker im Hochfeld-Magnetlabor des HZDR, der die Nano-Cluster aus Gold in einem hohen Magnetfeld untersucht hat. „Wir vermuteten zuerst, dass das Material Verunreinigungen enthält, die für die magnetischen Eigenschaften verantwortlich waren. Doch es wurde schnell klar, wie außerordentlich selektiv die Bildung der Gold-Cluster mit Hilfe des Hüllproteins stattfindet.“ Herkömmliche Methoden zur Herstellung von Nano-Clustern liefern Partikel mit deutlichen Größenunterschieden.

Mit Hilfe hochmoderner Röntgenstrahlungs-Streumethoden an der Europäischen Synchrotron-Strahlungsquelle (ESRF) in Grenoble konnten die Wissenschaftler in Kooperation mit Kollegen aus Saragossa präzise nachweisen, dass es sich bei den Nano-Clustern um reinstes und stark magnetisches Gold handelt. Gründe dafür könnten die Wechselwirkung der Gold- mit den Schwefelatomen der Sulfolobus-S-Layer, die Größe der Partikel sowie die Beschaffenheit der biologischen Matrix sein. „Bereits kleine Änderungen im Elektronenhaushalt von Materialien oder ihrer räumlichen Ausdehnung führen oft zu drastischen Veränderungen der physikalischen Eigenschaften“, sagt Herrmannsdörfer. Diese Effekte werden in vielen Bereichen der Nanotechnologie genutzt.

„Unsere Entdeckung ist ein Geschenk der Natur“, sagt Sonja Selenska-Pobell. „Wir haben die Anordnung und Ausdehnung des Nano-Goldes nicht beeinflusst, es hat sich von selbst so ergeben.“ In den nächsten Jahren wollen die Wissenschaftler weitere Untersuchungen zu Nano-Clustern auf Proteinen durchführen – dann mit noch höherer Güte an der geplanten Helmholtz-Beamline am European XFEL in Hamburg.

HZDR / PH

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