26.06.2014

Nano-Klettband importiert Moleküle

Klettband-ähnliche Proteine steuern den Transport von Stoffen in der Zellmembran.

In unseren Zellen herrscht reger Verkehr. Eine Vielzahl von Proteinen muss beispielsweise von ihren Produktionsstätten im Zellplasma in den Kern gelangen, wo sie zum Ablesen der Erbinformation gebraucht werden. Poren in der Kernhülle erlauben den Transport in und aus dem Zellkern. Argovia-Professor Roderick Lim vom Biozentrum und Swiss Nanoscience Institute der Universität Basel erforscht die biophysikalischen Grundlagen dieses Transportvorgangs. Um ihn besser zu verstehen, hat er mit Forschern aus Lausanne und Cambridge den Kernporenkomplex künstlich nachgebildet und nun entdeckt, dass sich dessen Proteine wie ein „Klettband im Nanomaßstab“ verhalten und sich damit kleinste Teilchen transportieren lassen.

Abb.: Mit Importproteinen beschichtetes Molekül gleitet über „verschmutztes Klettband“. (Bild: U. Basel)

Kernporen sind Proteinkomplexe in der Kernmembran, die für den Stoffaustausch zwischen Zellplasma und Kern sorgen. Treibende Kraft ist dabei die Diffusion. Die Kernporen selbst sind mit Klettband-ähnlichen Proteinen ausgekleidet. Nur speziell mit einem Importprotein markierte Moleküle können an diese Proteine binden und so die Pore durchqueren. Für alle nicht-bindenden Moleküle hingegen stellen sie eine Barriere dar. Nach Erkenntnissen der Forscher hängt der Transport durch die Kernpore von der Stärke der Bindung an die Klettband-ähnlichen Proteine ab. Diese darf nur gerade so stark sein, dass die zu befördernden Moleküle an die Kernpore binden können, gleichzeitig aber noch durch die Pore hindurch diffundieren können.

In einem künstlichen, der Kernpore nachempfundenen System testeten die Wissenschaftler ihre Hypothese. Dafür beschichteten sie Partikel mit Importproteinen und untersuchten ihr Verhalten auf dem molekularen „Klettband“. Interessanterweise, so fanden die Forscher heraus, verhält es sich wie ein echter Klettverschluss. Auf einem „sauberen Klettband“ kleben die Partikel sofort fest. Ist es jedoch mit Importproteinen „verschmutzt“, ist es weniger klebrig und die Partikel gleiten durch Diffusionskräfte auf dessen Oberfläche entlang. „Das Verständnis des Transportmechanismus im Kernporenkomplex war ausschlaggebend für unsere Entdeckung“, erzählt Lim. „Mit diesem Nano-Klettband sind wir in der Lage, den Weg für ausgewählte Partikel festzulegen und ihren Transport zu beschleunigen. Und dies ganz ohne Zufuhr externer Energie.“

Lims Forschung über biomolekulare Transportprozesse lieferte die Grundlage für die Entdeckung des Phänomens, dass sich Partikel selektiv mit einem molekularen Klettband transportieren lassen. „Dieses Prinzip könnte ganz praktische Anwendung finden, beispielsweise bei Förderbändern, Rolltreppen oder Straßen im Nanomaßstab“, so Lim. Möglicherweise könnte dadurch auch die Lab-on-Chip-Technologie, das Labor auf einem Chip, weiter miniaturisiert werden, da mit der neuartigen Transportmethode die heutigen gängigen komplizierten Pumpen- und Ventilsysteme überflüssig werden.

U. Basel / DE

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