16.12.2013

Nanodiamanten aus dem All

Überraschung bei der Untersuchung von Meteoritenresten.

Diamanten lieben es extrem: Für die Entstehung des Kohlenstoffgitters, das ihnen ihre ungewöhnlichen Eigenschaften verleiht, sind sehr hohe Temperaturen und Drücke erforderlich. Auf der Erde findet man diese Bedingungen nur tief im Erdinneren, ergiebige Fundstätten sind daher selten. Im Weltraum dagegen trifft man die zur Bildung von Diamanten geeigneten Extrembedingungen häufig an. Wissenschaftler der Universität Stuttgart haben nun Diamanten untersucht, die unter interstellaren Bedingungen gebildet wurden – und fanden dort zu ihrer Überraschung Nanodiamanten, die nur etwa 500 Kohlenstoffatome umfassen. Das macht die Edelsteine für die medizinische Forschung besonders interessant.

Abb.: Strukturzeichnung eines Nanodiamanten mit einem SiV-Zentrum (Bild: Vlasov et al. / NPG)

In Zusammenarbeit mit einem russischen Wissenschaftlerteam untersuchten Sang-Yun Lee und Torsten Rendler vom 3. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart Überreste von Meteoriten, die in Sibirien gefunden wurden. Es war bekannt, dass die Meteoriten Diamanten enthalten. Die Größe und physikalischen Eigenschaften überraschten die Stuttgarter Physiker jedoch. Während nämlich für die meisten Menschen große Diamanten interessant sind, suchen die Wissenschaftler nach besonders kleinen Steinen. So haben Studien gezeigt, dass Nanodiamanten die Wirksamkeit von bestimmten Medikamenten, die beispielsweise in der Tumortherapie eingesetzt werden, signifikant steigern. Zudem enthalten Diamant-Partikel oft auch atomare Verunreinigungen, die zu einer charakteristischen Verfärbung wie grün, violett oder gelb führen. Nanoskopische Diamant-Partikel, die derartige Farbzentren enthalten, dienen in der diagnostischen Medizin zur gezielten Markierung von Zellen oder Biomolekülen. Einige Farbzentren sind sogar in der Lage, kleinste magnetische Felder in ihrer direkten Umgebung zu detektieren, was in Zukunft auch das direkte Auflösen biologischer Strukturen auf atomarer Ebene ermöglichen soll.

Dabei gilt allgemein der Grundsatz: Je kleiner der Nano-Diamant, desto interessanter sind sie für die Wissenschaftler. Allerdings sind besonders kleine Nanodiamanten auch besonders schwer herzustellen. „Bisher haben wir kleine Diamanten durch Zermahlen großer Steine hergestellt. Das Verfahren ist aufgrund der bekannten Härte von Diamant sehr aufwendig, und selbst die kleinsten Diamanten, die wir herstellen konnten, waren für medizinische Anwendungen immer noch zu groß“, erklärt Rendler. Damit Zellen die Diamanten sehr gut aufnehmen können, sollten sie die gleiche Größe wir zum Beispiel Proteine haben.

Die Forscher machten eine weitere überraschende Entdeckung. Fremdatome, die in den Nanodiamanten eingeschlossen sind, erweisen sich wider Erwarten als besonders stabil. Während nur wenig größere Diamanten Fremdatome ausstoßen, gilt dies für die kleinen Nanodiamanten nicht. Für die Forscher ist das eine gute Nachricht: Die Fremdatome verleihen den Nanodiamanten nämlich ihre besonderen Eigenschaften, die sie für viele Anwendungen erst interessant machen.

Ein Problem freilich ist mit den Methoden der Wissenschaft erst einmal nicht zu lösen: Es erreichen viel zu wenige Meteoriten die Erde, um die darin eingeschlossenen Nanodiamanten nutzbar zu machen. Stattdessen arbeiten die Forscher bereits an einer Methode, um die Wachstumsbedingungen im Meteoriten auf seiner langen Reise durch das All nachzuahmen.

U. Stgt. / OD

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