24.01.2014

Nanodrähte auf Position

Nanoröhrchen für Schaltkreise lassen sich durch Kombination von DNA-Origami und Selbstorganisation kontrolliert anordnen.

Die anhaltende Miniaturisierung elektronischer Bauelemente stößt bald an ihre physikalischen Grenzen. Forscher suchen daher bereits nach neuen Herstellungsmethoden. Einen aussichtsreichen Ansatz liefert DNA-Origami, bei dem sich Einzelstränge des Biomoleküls selbstständig zu beliebig geformten Nanostrukturen zusammenfinden. Für die Herstellung ganzer Schaltkreise müssen diese DNA-Strukturen aber kontrolliert auf Oberflächen angeordnet werden, was bislang nur über aufwändige Verfahren möglich ist. Forscher des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) haben nun eine vereinfachte Methode entwickelt, indem sie DNA-Origami mit der selbstorganisierten Musterbildung kombinierten.

Abb.: Es sieht aus wie eine Dünenlandschaft – ist aber kleiner als ein Sandkorn. Auf einer nanostrukturierten Siliziumoberfläche richten sich DNA-Nanoröhrchen (rot hervorgehoben) dank elektrostatischer Wechselwirkungen mit der Oberfläche an den vorgegebenen Mustern aus. (Bild: A. Keller, HZDR)

„Das Schöne an unsere Methode ist, dass wir der Natur einfach freien Lauf lassen können, sobald wir die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen haben“, beschreibt Adrian Keller vom Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung am HZDR das neue Verfahren. Denn die DNA-Strukturen bilden sich mit Hilfe der DNA-Origami selbstständig, indem sich lange Stränge des Biomoleküls durch die Paarung mit zahlreichen kleineren DNA-Strängen in komplexe, vordefinierte Nanoformen falten. Für ihre Studie stellten die Physiker auf diese Weise Röhrchen her, die 412 Nanometer lang sind und einen Durchmesser von sechs Nanometern haben. Diese Strukturen können als Gerüst für die Produktion nanoelektronischer Bauteile, wie Nanodrähte, dienen.

Um diese Nanoröhrchen auf der Oberfläche auszurichten, nutzten sie ein weiteres Phänomen der Selbstorganisation, das sich häufig in der Natur beobachten lässt. So bildet zum Beispiel der Wind an Sandstränden geordnete Muster. „Ähnliche Prozesse spielen sich auch bei uns ab“, erläutert Keller. „Wir bestrahlen die Oberfläche, auf der wir die Nanostrukturen platzieren wollen – also in unserem Fall Siliziumwafer – mit Ionen. Dadurch ergeben sich von selbst geordnete Nanomuster, die wie kleine Dünenlandschaften aussehen. Ab dann müssen wir nicht mehr eingreifen, natürliche Prozesse übernehmen die Arbeit.“

Durch elektrostatische Wechselwirkungen zwischen den geladenen DNA-Nanostrukturen und der geladenen Oberfläche richten sich die Nanoröhrchen selbstständig in den Tälern der Dünen aus. „Dieser Prozess hat so gut funktioniert, dass die Röhrchen nicht nur den Wellenmustern folgten, sondern sogar Fehler im Muster reproduzierten“, fasst Keller die Ergebnisse zusammen. „Das bedeutet, dass es mit dieser Technik auch möglich sein sollte, gekrümmte Nanobauteile herzustellen.“ Den größten Anpassungsgrad konnten die Dresdner Forscher bei Wellenabständen von 30 Nanometern erzielen. „Zwar handelt es sich dabei auch nur um eine Ausbeute von 70 Prozent an Röhrchen, die perfekt dem Muster folgen“, gibt Keller zu. „Für den natürlichen Prozess, den wir angewendet haben, ist das aber trotzdem beeindruckend.“

Denn anders als die bisherigen Ansätze ist das neue Verfahren schnell, billig und unkompliziert, wie Keller erläutert: „Wir mussten bislang auf lithographische Methoden zurückgreifen und zusätzlich die Oberfläche chemisch behandeln, wenn wir die DNA-Nanostrukturen anordnen wollten. Zwar bringt das auch den gewünschten Erfolg, es verkompliziert aber die Abläufe. Unser neues Verfahren bietet nun eine einfachere Alternative.“ Da die Ausrichtung der Röhrchen nur durch die elektrostatische Wechselwirkung mit der vorstrukturierten Oberfläche bestimmt wird, könnten die Nanoröhrchen mit dieser Methode außerdem in komplexeren Anordnungen, wie elektronische Schaltkreise, arrangiert werden. So lassen sie sich zum Beispiel an einzelne Transistoren anbinden und können diese elektrisch miteinander verbinden, ist sich Keller sicher: „Auf diese Weise könnten DNA-basierte Nanobauteile in technologische Geräte integriert werden und damit zu einer weiteren Miniaturisierung beitragen.“

Die Entwicklung von Stromkreisen, die auf solch selbstorganisierenden Prinzipien beruhen, wird im Helmholtz-Kolleg NanoNet erforscht, das das HZDR koordiniert. Das internationale Promotionsprogramm fördert im Rahmen von DRESDEN-concept – dem Verbund des HZDR mit der TU Dresden und weiteren starken Partnern aus Wissenschaft und Kultur – die Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern in der Molekularelektronik. Es beschäftigt sich mit der Frage, auf welche Weise sich Atome und Moleküle so funktionalisieren und gestalten lassen, dass sie Informationen schalten und damit zu kleinstmöglichen Transistoren werden. Die Vision: Bausteine entwickeln, die sich selbstständig zu einem Schaltkreis zusammensetzen.

HZDR / CT

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