11.12.2017

Nanomaterialen: Wie man Ringe von Ketten trennt

Mikroskopische Kanäle immobilisieren lineare Ketten.

Was ist der Unterschied zwischen einer langen Kette und einem Ring aus dem gleichen Material? Die mole­ku­lare Zusam­men­setzung ist iden­tisch, jedoch besitzen beide Struk­turen von einem mathe­ma­tischen Stand­punkt aus gesehen unter­schied­liche Topo­lo­gien – ring­förmig und linear. Dieser Unter­schied ist auf makro­sko­pischer Ebene ohne Probleme erkenn­bar. Wie aber Nano- und Mikro­mole­küle aus dem gleichen Material unter­schieden werden können, haben Lisa Weiss und Christos Likos von der Uni Wien sowie Arash Nikou­bash­man von der Uni Mainz unter­sucht. Die Ergeb­nisse öffnen den Weg zu neuen Materi­alien.

Abb.: Die einzelnen grünen Punkte repräsen­tieren die an­ziehen­den Stellen im Kanal, Ringe sind in rot dar­ge­stellt, lineare Ketten in blau. Dazu indi­ziert ein Pfeil die Roll­be­we­gung der Ringe. (Bild: L. Weiß, U. Wien)

Die rein mathematische Eigenschaft kann weitreichende Folgen in der Welt der Material­physik haben. Da ring­förmige Mole­küle kein freies, angreif­bares Ende besitzen, sind diese wider­stands­fähiger und weniger ver­schränkt als lineare Ketten. Das nutzt die Natur beispiels­weise im Fall von RNA und DNA um zu ver­meiden, dass diese Mole­küle abge­baut werden: Dabei hängen nicht nur bio­lo­gische Funkti­onen von dem kleinen Unter­schied Ring oder Kette ab, sondern auch im flie­ßenden Zustand zeigen beide Struk­turen und deren Mischungen ein deut­lich unter­schied­liches Ver­halten.

Dieses Phänomen zeigt sich etwa auch beim Umrühren eines Topfes mit Spaghetti, die hier eine Ana­logie für lineare Mole­küle sind: Ein­zelne Nudeln beginnen sich teil­weise in Fluss­rich­tung aus­zu­richten, dennoch bleiben sie stark ver­schlungen. Wird ring­förmige Pasta ver­wendet, man kann sich diese Pasta als Spaghetti mit zusam­men­ge­klebten Enden vor­stellen, die weniger ver­schränkt ist, so ist eine Aus­rich­tung in Fluss­rich­tung ein­facher und der Topf mit Pasta lässt sich leichter um­rühren. Aller­dings kann man eine Mischung beider Struk­turen auch im Koch­topf nicht leicht in hoher Rein­heit von­ein­ander trennen, da die zu Grunde liegenden Bau­steine aus dem gleichen Material auf­ge­baut sind. Beide Nudel­topo­lo­gien bestehen aus dem gleichen Teig: Ein Ver­such, die zwei Struk­turen durch chemische Methoden zu trennen, ist hoff­nungs­los. So muss jede Nudel einzeln heraus­ge­fischt werden um zu unter­scheiden, ob es eine ring­förmige Nudel oder ein Spaghetto ist. Da ein solcher Prozess auf mikro­sko­pischer Ebene nicht möglich ist, sind die Ent­wick­lung neuer Materi­alien sowie die Analyse der Topo­logie von bio­lo­gischen Mole­külen ohne neue Tren­nungs­ver­fahren schwierig.

Weiss, Nikoubashman und Likos haben nun eine auto­mati­sier­bare Strategie ent­wickelt, die ring­förmige Mole­küle sehr zu­ver­lässig von ihrem line­aren Gegen­stück trennt. In Computer­simu­la­tionen zeigen sie, dass mikro­sko­pische Kanäle mit Stellen, die die ein­zelnen Bau­steine von Ketten und Ringen gleicher­maßen an­ziehen, geeignet sind, um Ringe von Ketten zu trennen. „Dabei werden lineare Ketten immobi­li­siert, wo hin­gegen Ringe rollen. Diese Roll­bewe­gung ist nur für die Ring­topo­logie möglich, da sie eine geschlos­sene Kontur­linie besitzen“, erklärt Weiß. Um den Filter schließ­lich von den dort haften­den Ketten zu reinigen, spülten die Forscher sie mit einer Flüs­sig­keit, in der die Poly­mere nicht lös­lich sind, wie beispiels­weise Öl in Wasser, einfach ab. Dadurch zieht sich die Kette zusammen und ändert ihre Form von einem Stäb­chen zu einem Tröpf­chen, welches nicht mehr an der flachen Wand kleben kann. Der Fluss reißt das Tröpf­chen schließ­lich ein­fach mit und der Filter ist gereinigt.

U. Wien / RK

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