Nanoröhrchen säubern Abwässer
Elektrochemischer Membranreaktor fängt effizient Steroidhormone ein.
In Abwässern finden sich verschiedene Mikroverunreinigungen – organische und anorganische Stoffe, die in geringen Konzentrationen auftreten, sich aber dennoch schädlich auf Mensch und Umwelt auswirken. Besondere Risiken gehen von Substanzen aus, die sich auf das Hormonsystem auswirken können, wie beispielsweise Steroidhormone. Diese sind unter anderem in Arzneimitteln und Empfängnisverhütungsmitteln weit verbreitet. Im Wasser lassen sie sich schwer nachweisen, können aber die Gesundheit des Menschen und das ökologische Gleichgewicht von Gewässern empfindlich stören. Mit herkömmlichen Methoden der Wasseraufbereitung lassen sich Steroidhormone weder aufspüren noch entfernen.
Als fortschrittlicher Ansatz ist die elektrochemische Oxidation (EO) zunehmend anerkannt. Die elektrische Energie der Elektroden wird moduliert, was zu einer Oxidation an der Anodenoberfläche führt und die Verunreinigungen abbaut. Elektrochemische Membranreaktoren (EMR) nutzen die Möglichkeiten der EO noch wirksamer: Als Durchflusselektrode dient eine leitende Membran, was den Stofftransport verbessert. Überdies sind aktive Stellen für die reagierenden Moleküle vollständig zugänglich. Forscherinnen am Institute for Advanced Membrane Technology (IAMT) des KIT haben zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der University of California, Los Angeles, und an der Hebrew University of Jerusalem nun die schwer verständlichen Mechanismen in EMR weiter aufgeklärt.
Die Forschenden untersuchten den Abbau von Steroidhormon-Mikroverunreinigungen in einem EMR mit Kohlenstoffnanoröhren-Membran. Kohlenstoff-Nanoröhren (CNT) weisen Durchmesser im Nanometerbereich auf und besitzen einzigartige physikalische und chemische Eigenschaften: „Ihre hohe Leitfähigkeit ermöglicht einen effizienten Elektronentransfer“, erklärt Andrea Iris Schäfer vom KIT. „Dank ihrer Nanostruktur verfügen CNT über eine außerordentlich große Oberfläche und damit ein enormes Potenzial für die Adsorption verschiedener organischer Verbindungen, was nachfolgende elektrochemische Reaktionen erleichtert.“
Nun untersuchten die Forschenden mit analytischen Methoden das komplexe Zusammenspiel von Adsorption und Desorption, elektrochemischen Reaktionen und der Bildung von Nebenprodukten in einem EMR. „Wir haben festgestellt, dass die vorangehende Adsorption von Steroidhormonen, das heißt deren Anreicherung an der Oberfläche der CNT, den nachfolgenden Abbau der Hormone nicht einschränkt“, sagt Postdoc Siqi Liu. „Dies führen wir auf die schnelle Adsorption und den effektiven Stofftransport zurück.“
Der analytische Ansatz der Studie erleichtert auch das Bestimmen der den Hormonabbau begrenzenden Faktoren und sich verändernden Bedingungen. „Unsere Untersuchung klärt einige grundlegende Mechanismen in elektrochemischen Membranreaktoren auf und liefert wertvolle Erkenntnisse, um elektrochemische Strategien zur Beseitigung von Mikroverunreinigungen im Wasser weiterzuentwickeln“, sagt Schäfer.
KIT / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
S. Liu et al.: Differentiation of adsorption and degradation in steroid hormone micropollutants removal using electrochemical carbon nanotube membrane, Nat. Commun. 15, 9524 (2024); DOI: 10.1038/s41467-024-52730-7 - Institute for Advanced Membrane Technology (IAMT), Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe