15.10.2013

Negative Massen geben Gas

Konzept eines diametralen Antriebs in optischen Fasern verwirklicht.

Vor 15 Jahren dachte ein Forschungsteam der NASA darüber nach, wie sie den idealen Raumschiffsantrieb bauen könnten. Dabei hatte Marc Millis die etwas eigensinnige Idee, Objekte mit einer negativen effektiven Masse einzusetzen: Während sich zwei Körper mit positiver Masse gegenseitig anziehen, ermöglicht die Kombination von Objekten mit positiver und negativer Masse hingegen ein unerwartetes Phänomen, sie beschleunigen nämlich in dieselbe Richtung. Diese Konstellation bezeichnete Millis als „Diametric Drive“ (diametraler Antrieb). Physiker der Universität Erlangen-Nürnberg haben nun aber nachgewiesen, dass sich analog dazu Lichtpulse gegenseitig dauerhaft beschleunigen können. Damit ließe sich etwa die Wellenlänge von Lichtpulsen kontrolliert verschieben, was für viele Bereiche der Laserphysik oder Spektroskopie interessant ist.

Abb.: Beim optischen diametralen Antriebs beschleunigen der linke Pulszug mit positiver effektiver Masse und der rechte mit negativer Masse durch eine Umkehr des dritten Newtonschen Gesetzes in die gleiche Richtung. (Bild: FAU)

„Die Existenz von mechanischen Objekten mit einer negativen Masse verstößt im freien Raum gegen derart viele Grundgesetze der Physik, dass sie mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden kann“, sagt Ulf Peschel von der FAU. Aber eben nur im freien Raum: Die Einschränkungen gelten nicht für künstlich geschaffene Systeme, innerhalb derer ganz eigene Gesetzmäßigkeiten gelten. Diese Tatsache machten sich nun Peschels Kollegen zu Nutze, um die optische Entsprechung des Diametric Drive zu realisieren.

Zusammen mit Kollegen vom MPI für die Physik des Lichts und von der University of Central Florida, USA, schufen sie ein optisches Fasernetzwerk, in dem sich speziell präparierte Lichtpakete vollkommen analog zu mechanischen Teilchen mit positiver oder negativer effektiver Masse verhalten: Bringt man sie zusammen, so entsteht durch nichtlineare Wechselwirkung ein optischer Diametric Drive. Die beiden Lichtbündel beschleunigen in dieselbe Richtung und werden immer schneller, so wie man es eben bei einem diametralen Antrieb erwarten würde.

Die Wissenschaftler sind sich sicher, dass dieser Effekt auf eine Vielzahl von anderen physikalischen Systemen übertragen werden kann. Womöglich ließen sich also auf die gleiche Weise auch Elektronen in Halbleitern oder ultrakalte Atome in optischen Gittern beschleunigen, da die Wirkungsweise auf dem universellen Konzept der effektiven Masse beruht. Auch in der Optik könnten verschiedene Anwendungsfelder vom Diametric Drive profitieren, zum Beispiel durch die Möglichkeit, die Lichtwellenlänge mit Hilfe von speziellen Glasfasern zu verändern. Auch wenn der Raumschiffsantrieb mit negativer Masse letztlich wohl nur ein Luftschloss bleiben wird, so hat diese Science-Fiction-artige Idee nach über 15 Jahren auf Umwegen doch noch den Sprung in die Realität geschafft.

FAU / DE

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