19.07.2012

Neuartige Bindung in starken Magnetfeldern

Unbekannter Effekt kann Molekülbildung in der Nähe von Weißen Zwergen und Neutronensternen beeinflussen.

Bislang sind zwei Arten starker atomarer Bindungen bekannt: kovalente und ionische. Die Mechanismen dieser Bindungen lassen sich akkurat quantenmechanisch beschreiben und sind daher gut verstanden. Doch nahezu das gesamte Wissen über sie entstammt Erfahrungen und Experimenten auf der Erde oder zumindest unter erdähnlichen Bedingungen. Und unter solchen Bedingungen spielt die magnetische im Vergleich zur Coulomb-Wechselwirkung kaum eine Rolle.

Abb.: Unter den extremen Bedingungen um einen Neutronenstern sind neuartige, paramagnetische chemische Bindungen möglich. (Bild: NASA, GSFC)

Doch in den Atmosphären von Weißen Zwergen können Magnetfelder von bis zu 105 Tesla, bei Magnetaren – Neutronensternen mit starken Magnetfeldern – sogar bis zu 1010 Tesla herrschen. Unter diesen extremen Bedingungen ist der Einfluss des magnetischen Felds auf Bindungen nicht mehr vernachlässigbar, es führt zu einem Schrumpfen der Elektronenwolke senkrecht zur Feldrichtung und dadurch zu einer Erhöhung der Bindungsenergie, wenn zweiatomige Moleküle parallel zur Feldrichtung orientiert sind.

Kai Lange von der Universität Oslo und sein Team haben nun auf der Basis aufwändiger theoretischer Berechnungen ein weiteres Phänomen in starken Magnetfelder entdeckt, das nicht bekannte Bindungen verstärkt, sondern zu einer völlig neuen Art führt. Im Gegensatz zu dem bekannten diamagnetischen Effekt ist diese Bindung paramagnetischer Natur und wirkt bei Atomen, die senkrecht zum Magnetfeld orientiert sind. Durch die paramagnetische Bindung entstehen demnach Moleküle, die unter gewöhnlichen Bedingungen nicht existieren können – zum Beispiel H2 aus zwei Wasserstoff-Atomen mit parallelem Spin oder He2 aus zwei Helium-Atomen im Grundzustand.

Die Bindung ist stark genug, um die Chemie von Molekülen in starken magnetischen Feldern zu beeinflussen, schreiben Lange und seine Kollegen. Allerdings handelt es sich bislang nur um eine theoretische Vorhersage, die noch der Bestätigung im Experiment bedarf. Doch bislang liegen derartige Feldstärken außerhalb der Reichweite irdischer Labors. Vielleicht aber können astronomische Beobachtungen Hinweise auf die Existenz von solchen paramagnetisch gebundenen Molekülen in den Atmosphären von Weißen Zwergen liefern.

Rainer Kayser

OD

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