Neue Eigenschaften für Kunststoffe
Materialwissenschaftler der Universität Jena erzeugen erstmals eine neue Form von Copolymeren.
Materialwissenschaftler der Universität Jena erzeugen erstmals eine neue Form von Copolymeren.
Jena - Die Materialwissenschaftler der Universität Jena scheinen nicht nur mit den Ergebnissen ihrer Forschungen die Fachwelt zu überzeugen, auch die Optik spricht die Experten an. So ist es dem Team von Klaus Jandt, Professor am Lehrstuhl für Materialwissenschaft, innerhalb kürzester Zeit zum zweiten Mal gelungen, mit einem Forschungsergebnis auf die Titelseite einer internationalen Fachzeitschrift zu kommen.
In der Fachzeitschrift Macromolecular Rapid Communications stellt Thomas Keller dar, wie am Institut für Materialwissenschaft und Werkstofftechnologie (IMT) der Friedrich-Schiller-Universität erstmals eine neue Form so genannter Copolymere erzeugt werden konnte. Copolymere bestehen aus mindestens zwei verschiedenen Komponenten, so genannten Meren, in einer Kette. Sie werden vor allem bei Klebeverbindungen, Recycling von Kunststoffen und bei der Entwicklung neuer Kunststoffe mit einstellbaren Eigenschaften eingesetzt. Aber auch in der Natur sind Copolymere ein Hauptbaustoff alles Lebendigen, z. B. in Form von Eiweißen oder Seide.
Abb. 1: Bei der Herstellung des Copolymer-Films werden die spaghettiartigen Kunststoffmoleküle in eine Richtung gestreckt. Dadurch entsteht eine hohe Ordnung. (Abb.: Thomas Keller/IMT)
Bei den Untersuchungen in Jena schmolz Thomas Keller die Copolymere zunächst auf. „Aus der Schmelze zogen wir einen extrem dünnen Film, der nur ca. 100 Nanometer, also ein fünfhundertstel des Durchmessers eines menschlichen Haares, dick war", beschreibt der Jenaer Wissenschaftler. Dies ist erstaunlich, da die beiden enthaltenen Komponenten normalerweise einen möglichst großen Abstand voneinander einnehmen wollen. Thomas Keller erreichte die Annäherung auf wenige Milliardstel Meter durch einen Trick: Da die Copolymere aus bindfadenartigen Molekülketten bestehen, die normalerweise als Knäuel vorliegen, richtete er sie durch Ziehen neu in die Zugrichtung aus und brachte sie eng zusammen - in etwa vergleichbar mit Spaghetti, die mit der Gabel vom Teller gezogen werden. „Dabei ordnen sich die zwei Komponenten in einer neuen Form, so genannten Copolymer-Nadeln, an", erläutert Thomas Keller. Damit konnte er zeigen, dass die Form eines Copolymers durch eine vergleichsweise einfache Behandlung gezielt eingestellt werden kann. So lassen sich etwa die Eigenschaften von optischen Leitern, Autoreifen oder Bauteilen aus recycelten Kunststoffen optimieren.
Abb. 2: Das linke Bild zeigt den aus der Schmelze gezogenen Copolymer-Film. Das rechte Bild zeigt den gleichen Copolymer-Film nach einer Wärmebehandlung. Die Ordnung geht dabei fast vollständig verloren. (Foto: Thomas Keller/IMT)
„Die Ausrichtung der Copolymerketten in eine Richtung des Films macht diese Kunststoffe potenziell sehr zugfest, was sie für neue hochfeste Kunststoffe oder für optische Anwendungen interessant macht", sagt IMT-Direktor Klaus Jandt. Hierzu wollen die Jenaer Materialwissenschafter demnächst größere Copolymerfilme herstellen.
Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena