13.07.2016

Neue Entspiegelungen dank Nanostrukturierung

Sub-Wellenlängenstrukturen sorgen für graduellen Übergang der Brechzahlen.

Optische Komponenten begleiten uns in nahezu allen Alltags­anwendungen – von Handy­kameras über Abstands­sensoren in Autos bis hin zu Objektiven für hoch­auflösende Kameras. Doch ohne Ent­spiegelung gehen an jeder Grenzfläche einer optischen Komponente mehrere Prozent des Lichtes verloren. Deshalb sind heute insbesondere Systeme aus mehreren Linsen wie z.B. in Foto­apparaten oder Fahrzeug­displays ohne Antireflex (AR)-Funktion undenkbar. Forschern gelang es nun, erfolgreich eine neue Methode der Ent­spiegelung mithilfe nano­strukturierter Schicht­materialien zu entwickeln.

Abb.: Halbseitig entspiegelte Linse. (Bild: Fh-IOF)

Der Markt für optische Komponenten wächst seit Jahren - entsprechend hoch ist deshalb die technische Bedeutung von Entspiegelungen. Diese sind unverzichtbar um geringe Lichtausbeuten, Kontrastverluste bei Abbildungen und „Geisterbilder“ zu vermeiden, welche durch unkontrolliert reflektiertes Licht entstehen. Ein Verbund von Forschern aus Wissenschaft und Wirtschaft, koordiniert von der Carl Zeiss Jena GmbH, hat im Rahmen des kürzlich ab­geschlossenen Projekts „Farbneutrale Interferenzschichten zur Entspiegelung unter Berücksichtigung organischer Nanostrukturen“, kurz FIONA, eine Ent­spiegelungs­technik entwickelt, die einen deutlich breiteren Wellen­längen­bereich abdeckt und somit auch stark gekrümmte Linsen ent­spiegeln kann.

Laut einer aktuellen Studie von Markets&Markets erwirtschaftete der Markt für optische Beschichtungen einen Jahresumsatz von rund 1,02 Mrd. Dollar (2014) und dies bei einer pro­gnostizierten Wachs­tumsrate von 8,4 Prozent bis zum Jahr 2020. Anhand dieser Zahlen wird deutlich, dass die Entwicklung breitbandiger AR-Beschichtungen für komplex geformte Oberflächen eine immer wichtigere Rolle in der Optik­fertigung spielt.

Eine optimale Entspiegelungs­schicht besitzt einen konti­nuierlichen Brech­zahl­verlauf zwischen der Oberfläche des Substrates und dem umgebenden Medium Luft. Aus diesem Grund kann eine Ent­spiegelung verbessert werden, wenn für die letzte Schicht des Inter­ferenz­schicht­systems ein sehr niedrig­brechendes Material eingesetzt wird. Nanostrukturen mit einer Strukturgröße kleiner der Licht­wellen­länge wirken auf der Oberfläche wie eine sehr niedrig­brechende Schicht. Konkretes Ziel des Projekts war deshalb die Entwicklung eines Verfahrens zur Entspiegelung mithilfe nanostrukturierter Schichten. Die resultierenden Schicht­systeme zeichnen sich durch neuartige Kombinationen von klassischen Inter­ferenz­schicht­systemen mit solchen Nanostrukturen aus. Die sogenannten Sub-Wellen­längen­strukturen mit einer Struktur­tiefe von wenigen hundert Nanometern wurden dabei durch verschiedene Verfahren erzeugt. Am Fraunhofer IOF wurde das etablierte Plasma­strukturierungs­verfahrens AR-Plas auf neue organischen Schichten angewendet, während die Carl Zeiss Jena GmbH den Schwerpunkt auf anorganische Nano­strukturen aus Silizium­dioxid und Magnesium­fluorid legte.

Die neuentwickelten Schichten sind bezüglich ihrer Funktionalität auf gekrümmten Linsen weltführend. Besonders hervorzuheben ist in diesem Kontext die deutlich erweiterte Winkel­akzeptanz der Ent­spiegelungen, die homogenere Wirkung der AR-Vergütung auf stark gekrümmten Ober­flächen sowie die AR-Wirkung über wesentlich breitere Spektral­bereiche. Die erzielte Entspiegelungs­wirkung reicht vom visuellen bis in den infraroten Spektral­bereich und erscheint auch bei größerer Krümmung auf Linsen farbneutral. Die in dem Spektral­bereich von 400 bis 1500 nm erreichte mittlere Rest­reflexion kleiner als 0.3% ist mit klassischen Interferenz­schichten kaum erreichbar. Untersucht wurde die Methode für eine Vielzahl von Optik­komponenten, wie zum Beispiel optische Linsen für Kamera­objektive, Mikroskope und medizin­technische Geräte. Die verbesserte Ent­spiegelungs­wirkung konnte an Demonstrator­linsen der Projekt­partner gezeigt werden. Außerdem erzielte ein erstes Testobjektiv mit den neuartig beschichteten Linsen verbesserte optische Eigenschaften.

Gefördert wurden die gut drei Jahre andauernden Forschungs- und Entwicklungs­arbeiten vom Bundes­ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb der Förderinitiative „Innovative Anwendungen der Plasmatechnik“. Am Projekt beteiligt waren die Partner Agfa-Gevaert Health Care GmbH, asphericon GmbH, Carl Zeiss Jena GmbH, Leica Microsystems GmbH, Qioptiq Photonics GmbH & Co. KG und das Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik.

IOF / LK

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