29.07.2014

Neue Kernspin-Diagnostik spürt kranke Zellen auf

Markierende Xenon-Kernspintomographie macht krankhafte Veränderungen und bestimmte Arten von Körperzellen gezielt sichtbar.

Ganz ohne Strahlenbelastung können Ärzte per Kernspintomographie (MRT) in Patienten hineinblicken und Organe und Gewebestrukturen sichtbar machen. Doch krankhafte Veränderungen im Anfangsstadium lassen sich damit nur schwer erkennen. Geringe Mengen entarteter Krebszellen, winzige Entzündungen oder Ablagerungen in den Arterien bleiben auf den grauen Bildern oft unsichtbar. Bessere Möglichkeiten könnte künftig die Xenon-Kernspintomographie bieten, eine Weiterentwicklung der herkömmlichen MRT. Leif Schröder vom Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP), Christian Freund von der FU Berlin und ihre Kollegen haben einen wichtigen Erfolg bei der Entwicklung dieses neuen Verfahrens erzielt: Sie konstruierten molekulare Sonden, die sich gezielt an bestimmte Proteine auf der Zelloberfläche anheften, die bei Entzündungsprozessen eine Rolle spielen. Die Sonden ließen sich dann mittels Magnetfeld und Radiowellen millimetergenau lokalisieren. Wichtig dabei: Solche Sonden lassen sich sehr einfach an nahezu jeden gesuchten Zelltyp oder Oberflächenmarker anpassen. Der Arzt kann also je nach Wunsch ganz unterschiedliche krankheitsspezifische Marker im Körper eines Menschen aufspüren.

Abb.: Kernspintomographie mit Xenon lässt Makrophagen aufleuchten. (Bild: H. Rose, FMP)

Die Kernspintomographie nutzt die Eigenschaft mancher Atome, sich in starken Magnetfeldern wie winzige Magneten zu verhalten, die dann mit Radiowellen in Resonanz treten und Signale aussenden. Die herkömmliche MRT misst Wasserstoffatome, die in Gewebe allgegenwärtig sind, allerdings nur sehr schwache Signale aussenden. Die Xenon-Kernspintomographie dagegen verwendet als Signalgeber das Edelgas Xenon in einer bestimmten Form. Laserstrahlen hyperpolarisieren die Atome vor der Untersuchung, die dadurch 10.000-fach stärkere Signale als normal aussenden. In einer klinischen Anwendung könnten Patienten Xenon inhalieren, das ungiftige Edelgas würde sich dann über den Blutkreislauf im Körper verteilen.

Die enorme Verstärkung des Signals macht es möglich, auch sehr kleine Details im Gewebe farbig zu markieren – wenn es gelingt, Xenon-Atome an Zielstrukturen zu koppeln. Dieser Schritt ist den Forschern nun gelungen. Die zum Team gehörende Zellbiologin Honor Rose wählte dafür Antikörper, die spezifisch an Oberflächenmoleküle von Makrophagen binden – diese Immunzellen spielen zum Beispiel bei entzündlichen Prozessen wie Arteriosklerose eine Rolle. Über Verbindungsmoleküle knüpfte sie die Antikörper dann an Cryptophan-Moleküle, die mit ihrer Käfigstruktur Xenon-Atome einfangen und dadurch deren Signal im Magnetfeld verändern. Die gesuchten Zellen heben sich nun deutlich vor dem Hintergrund anderer Zellen ab. „Bislang konnte man zwar Signale guter Stärke und Auflösung durch Xenon und Cryptophan erzeugen – jedoch war das noch nicht krankheitsspezifisch“, erläutert Rose. „Wir haben aber nun den Schritt hin zu einer differenzierten Anwendung auf Zellebene getan. Niemand wusste zuvor, wie viel Cryptophan man für Signale braucht, um einen krankheitsspezifischen Marker aufzuspüren, und ob das überhaupt physiologisch verträglich wäre." Wie ein Testlauf mit unterschiedlichen Zellen in kleinen Röhrchen im Kernspintomographen zeigte, reichen winzige, für die Zellen unschädliche Konzentrationen der molekularen Sonden aus.

Vom Teströhrchen bis zur klinischen Anwendung ist es noch ein langer Weg. Ziel der Forscher ist aber, dass eines Tages Ärzte nicht mehr nur graue MRT-Bilder analysieren, sondern mit unterschiedlichen Sonden erzeugte farbige Markierungen vorfinden. Das könnten zum Beispiel arteriosklerotische Plaques sein, die unbehandelt zu einem Herzinfarkt führen, Metastasen bei Krebserkrankungen oder auch der Aufbau von Krebsgewebe aus unterschiedlichen Zelltypen.

FMP /RK

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