Neue magnetische Quasipartikel in Multischichten
Koexistenz von vier verschiedenen Skyrmionarten beobachtet.
Skyrmionen sind magnetische Wirbel, die durch ihre spezielle Form topologisch geschützt und somit besonders stabil sind. Das macht sie interessant für eine Reihe von Anwendungen, zum Beispiel in neuartigen Datenspeichern. Forschern der Uni Augsburg ist es jetzt gelungen, eine neue Art dieser Skyrmionen rein durch magnetische Dipolwechselwirkung in dünnen magnetischen Multischichten zu stabilisieren und nachzuweisen – Antiskyrmionen erster und zweiter Ordnung. Zusammen mit Forschern der Uni Wien gelang die theoretische Beschreibung dieser Spinobjekte und es konnte ein „Material-Rezept“ entwickelt werden.
Magnetische Momente innerhalb eines Festkörpers bevorzugen normalerweise eine gemeinsame Ausrichtung in einem magnetischen Feld. Allerdings ist es möglich durch spezielle Materialeigenschaften und die richtige Wahl des angelegten magnetischen Felds Momentanordnungen in speziellen Formen zu erhalten. Ist diese Form der Momente kontinuierlich geschlossen, gilt sie als topologisch geschützt und besonders stabil.
Eine Klasse dieser topologisch geschützten Formen sind magnetische Skyrmionen. „Diese kann man sich als nanometergroße Wirbel vorstellen, die sich innerhalb des Materials wie Teilchen verhalten“, erklärt Manfred Albrecht von der Uni Augsburg. Seit gut einem Jahrzehnt sind sie eines der am intensivsten behandelten Forschungsthemen im Magnetismus. Aufgrund ihrer Stabilität und geringen Größe sind sie besonders als Datenträger für Anwendungen vielversprechend.
Dabei ist das Konzept einer „Rennstrecke“, in der viele Skyrmionen angetrieben von elektrischem Strom hintereinander durch das Material rasen, besonders beliebt – das „Race-Track Memory“-Konzept. Um das Potenzial dieses Konzepts zu erhöhen, sind verschiedene Skyrmionarten, die wiederum verschiedenen Speicherzuständen entsprechen, besonders interessant.
Problematisch war dabei bislang sowohl die Erzeugung der verschiedenen exotischeren Skyrmionarten als auch die koexistente Stabilisierung in einem Material. Den Wissenschaftlern der Uni Augsburg ist jetzt beides gelungen. Sie erzeugten erstmals ein Antiskyrmion zweiter Ordnung und beobachteten die Koexistenz von vier verschiedenen Skyrmionarten und einer topologisch trivialen Struktur.
Dank umfassender Simulationen von Forschern der Uni Wien konnten sie auch den genauen Grund für ihre Entdeckung ausmachen. Die zugrundeliegenden notwendigen Materialeigenschaften können damit auch auf andere Systeme angewandt werden. „Derzeit untersuchen wir weitere Materialsysteme, die genau diese Eigenschaften erfüllen. Inwieweit sich diese Vorhersagen experimentell bestätigen lassen, wird sehr spannend“, erklärt Michael Heigl von der Uni Augsburg.
U. Augsburg / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
M. Heigl et al.: Dipolar-stabilized first and second-order antiskyrmions in ferrimagnetic multilayers, Nat. Commun. 12, 2611 (2021); DOI: 10.1038/s41467-021-22600-7 - AG Magnetismus, Experimentalphysik IV, Universität Augsburg
- Mathematics-Magnetism-Materials, Universität Wien, Österreich