07.07.2025

Neue Theorie zur Entstehung des Merkur

Université Paris Cité, brasilianisches Observatório Nacional und Universität Tübingen kooperieren zur Erforschung des sonnennächsten Planeten.

Merkur ist nicht nur ähnlich groß wie unser Mond, sondern wie dieser grau und mit Kratern übersät. Das Besondere am sonnennächsten Planeten verbirgt sich in seinem Inneren: In Anbetracht seiner geringen Größe besitzt Merkur einen unverhältnismäßig großen Eisenkern. Ein Phänomen, das mit traditionellen Theorien zur Planetenbildung schwer zu erklären ist.

Merkur ist der sonnennächste Planet unseres Sonnensystems und auf den ersten...
Merkur ist der sonnennächste Planet unseres Sonnensystems und auf den ersten Blick unscheinbar.
Quelle: NASA / Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory / Carnegie Institution of Washington

Ein internationales Team von Forschenden des brasilianischen Nationalen Observatoriums (ON/MCTI), der Université Paris Cité, der School of Engineering and Sciences der UNESP / Guaratinguetá und der Universität Tübingen hat jetzt auf Grundlage von Computersimulationen eine neue Theorie zur Entstehung Merkurs entwickelt: Demnach könnte der Planet aus einer Streifkollision zweier Protoplaneten – Massenobjekte, die die Anfangsphase der Planetenentwicklung bilden – entstanden sein.

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Zusammen mit Venus, Erde und Mars gehört Merkur zu den Gesteinsplaneten und besitzt eine feste Oberfläche. Im Vergleich zu anderen Gesteinsplaneten weist er aber mehrere bisher nicht gänzlich verstandene Eigenschaften auf: Er besitzt einen großen festen Eisenkern und einen flüssigen äußeren Kern, der aus Eisen, Schwefel und Silikaten besteht. Ein eisenarmer Silikatmantel liegt unter einer nur zehn Kilometer dicken Silikatkruste, die eine erstaunlich dünne äußerste Schicht darstellt.

Um diese ungewöhnliche Zusammensetzung zu erklären, ging man davon aus, dass Merkurs jetzige Form durch den gewaltigen Einschlag eines kleineren Himmelskörpers entstanden sei. Kollisionen dieser Art sind jedoch extrem selten. Dr. Fernando Roig, der stellvertretende Direktor des ON/MCTI, und Dr. Patrick Oliveira Franco von der Université Paris Cité konnten mithilfe neuer hydrodynamischer Simulationen nachweisen, dass die anomale Struktur des Planeten möglicherweise auf ein deutlich häufigeres Ereignis zurückzuführen ist: eine gigantische Streifkollision zwischen zwei Protoplaneten ähnlicher Größe im frühen Sonnensystem.

Visualisierung der Simulation: Der Proto-Merkur wird durch ein rosafarbenes...
Visualisierung der Simulation: Die Zeitabstände zwischen den Schnappschüssen sind in den oberen linken Ecken angegeben. Der Proto-Merkur wird durch ein rosafarbenes Mantelmaterial und einen türkisfarbenen Kern dargestellt.
Quelle: Franco et al. / EKU

In der Simulation variierten die Forschenden den Aufprallwinkel und die Geschwindigkeit der Kollisionen. Sie stellten fest, dass Einschlagsbedingungen, bei denen die Kollision gerade stark genug war, um den Großteil des Mantels abzutrennen, einen Körper hervorbrachten, der Merkurs charakteristisch kleine Größe und sein metallreiches Inneres aufwies. „Die Arbeit bestärkt die Idee, dass Rieseneinschläge nicht nur Teil der Planetenbildung sind – sie könnten sogar der Hauptfaktor sein, der die endgültige Struktur der Gesteinsplaneten im Sonnensystem geformt hat“, sagt Hauptautor der Studie Patrick Franco.

Die Streifkollision wurde mit einem speziellen Computerprogramm simuliert, das in der Abteilung Computational Physics am Institut für Astronomie und Astrophysik der Universität Tübingen von Dr. Christoph Schäfer gemeinsam mit Postdoc Christoph Burger entwickelt wurde. „Das Computerprogramm nutzt spezielle Graphikkarten zur Berechnung. Moderne High-Performance Computing Architekturen wie wir sie hier in Tübingen für unsere Forschung zur Verfügung haben, machen die Entwicklung und Verwendung unseres Programmcodes erst möglich. Simulationen, die vorher Monate in Anspruch genommen haben, sind so in wenigen Tagen möglich“, sagt Christoph Schäfer. „So konnten die Kollegen mithilfe unseres Codes in kurzer Zeit viele verschiedene Parameter simulieren.“ [EKU / dre]

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