22.03.2009

Neues Radon-Isotop in die Falle gegangen

Erstmalig hat die Methode der Präzisionsmassenspektrometrie in einer Penningfalle zum direkten Nachweis eines neuen instabilen Nuklids geführt


   
Forscher der Arbeitsgruppen um Klaus Blaum vom Heidelberger Max-Planck-Institut für Kernphysik und Lutz Schweikhard von der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald haben am CERN ein neues Isotop des Elements Radon entdeckt. Erstmalig hat in diesem Fall die Methode der Präzisionsmassenspektrometrie in einer Penningfalle zum direkten Nachweis eines neuen instabilen Nuklids geführt. Zugleich konnten die Kernmassen von sechs weiteren neutronenreichen Radon-Isotopen erstmalig bestimmt werden.

Was für Chemiker das Periodensystem der Elemente, ist für Kernphysiker die Nuklidkarte, welche alle bekannten Atomkerne (Nuklide) darstellt - geordnet nach der Zahl ihrer Bestandteile, den Protonen und Neutronen. 3175 verschiedene Spezies kannten die Kernphysiker bisher; nun ist ein weiteres dazu gekommen: Das aktuell neutronenreichste Isotop des Elements Radon mit 86 Protonen und 143 Neutronen. Unter Isotopen versteht man Nuklide des gleichen chemischen Elements, charakterisiert durch die Protonenzahl, mit unterschiedlicher Anzahl an Neutronen. Radon ist ein radioaktives Edelgas, dessen langlebigstes Isotop mit der Massenzahl 222 eine Halbwertszeit von knapp vier Tagen hat und durch Zerfall von Radium-226 entsteht. Dagegen beträgt die Halbwertszeit des neuen Isotops nur 12 Sekunden.

Die Besonderheit der Neuentdeckung liegt in ihrer Methode: Erstmals ist es einer internationalen Kollaboration am CERN unter der Federführung von Klaus Blaum vom Heidelberger Max-Planck-Institut für Kernphysik und Lutz Schweikhard von der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald gelungen, ein neues Isotop durch Einfang in eine spezielle Falle für geladene Atome (Ionen) direkt nachzuweisen. In einer solchen "Penningfalle" lassen sich einzelne Ionen mittels elektrischer und magnetischer Felder über längere Zeit speichern und sehr präzise vermessen. So konnte die Masse des neuen Isotops wie auch der schon bekannten Nachbarisotope mit den Massenzahlen 223 bis 228 mit einer Genauigkeit von wenigen Millionstel Prozent bestimmt werden.

Die Erzeugung solcher in der Natur nicht vorkommenden Kerne erfolgt am Isotopenlabor ISOLDE des CERN durch Beschuss eines Urantargets mit hochenergetischen Protonen. Dabei können die Urankerne gespalten oder in kleinere Bruchstücke zertrümmert werden oder aber einige wenige Protonen und Neutronen abdampfen und so etwas leichtere Nuklide bilden. Diese stehen dann z. B. für die weitere Untersuchung am Penningfallen-Massenspektrometer ISOLTRAP zur Verfügung. Einmal pro Sekunde wird das Uran mit den Protonen bombardiert, wobei pro Schuss gut hundert Milliarden radioaktive Atomkerne verschiedener Sorte entstehen. Nur einige Zehntausend davon sind Radon-Isotope und vom gesuchten Radon-229 sind es nur einige Hundert. Nach Transport- und Einfang landen letztlich im Mittel nur ein paar wenige Exemplare in der Falle.

"Für einen publizierbaren Massenwert müssen wir einige Hundert bis Tausend Einzelmessungen vornehmen", erläutert Klaus Blaum, "und für das neue Isotop haben wir etwa einen Tag Messzeit gebraucht". Das ist nicht gerade lange im Vergleich zur Entwicklungsarbeit an dem Spektrometer, welches vor genau 20 Jahren von Jürgen Kluge (damals Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, später Gesellschaft für Schwerionenforschung Darmstadt) initiiert wurde. Nun aber können die Forscher die Früchte ihrer langjährigen Arbeit ernten, was sich unter anderem in einer ansehnlichen Zahl neuerer Publikationen in angesehenen Fachzeitschriften niederschlägt. Auf die Entdeckung eines neuen Isotops sind die Wissenschaftler besonders stolz: "So etwas kommt nicht alle Tage vor! Es ist schon ein besonderes Ereignis, wenn man die Nuklidkarte um einen neuen Atomkern bereichern kann."

Max-Planck-Institut für Kernphysik


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