19.10.2007

Nüsslein-Volhard: Frauen oft zu zaghaft

Frauen sind nach Ansicht der Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard häufig für eine herausragende wissenschaftliche Karriere nicht zielstrebig genug.

 

Tübingen (dpa) - Frauen sind nach Ansicht der Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard häufig für eine herausragende wissenschaftliche Karriere nicht zielstrebig genug. «Frauen sind oft zu zaghaft», sagte die Wissenschaftlerin in einem Gespräch anlässlich ihres 65. Geburtstages am 20. Oktober. Frauen seien in führenden Positionen in Wissenschaft und Forschung zu wenig vertreten. Mit einer 2004 gegründeten und nach ihr benannten Stiftung will Nüsslein-Volhard das ändern.

«Ich glaube, das ist eine wirklich gute Idee. Inzwischen fördern wir mehr als 20 Frauen», sagte Nüsslein-Volhard. Bei der Unterstützung der Wissenschaftlerinnen gehe es um mehr als die 400 Euro pro Monat, die für Hilfen im Haushalt und zusätzliche Kinderbetreuung verwendet werden sollen. «Sie fühlen sich auch moralisch von uns unterstützt», sagte Nüsslein-Volhard. Bei den Treffen der Stiftung kämen die Wissenschaftlerinnen in Kontakt mit Kolleginnen, die ähnliche Probleme zu bewältigen haben wie sie. «Weil es so wenige Frauen mit Kindern in der Wissenschaft gibt, denken sie sonst häufig, dass sie die einzigen sind, die bestimmte Probleme haben.»

Nüsslein-Volhard betonte, dass die Stiftung keine sozialen Zwecke verfolge. «Wir suchen die Frauen nicht danach aus, wie arm sie sind. Das Geld von der Stiftung soll dafür eingesetzt werden, Zeit zu sparen. Wir schauen auch danach, ob der Mann mitmacht. Ob die Karriere der Frau als gleichberechtigt angesehen wird. Das ist keine soziale Einrichtung, sondern eine zur Förderung der Wissenschaft.»

Für ihre eigene Karriere war nach Nüsslein-Volhards Worten, die 1995 den Nobelpreis für Medizin erhielt, ihre Zielstrebigkeit entscheidend: «Ich habe eine natürliche Besessenheit, die ist angeboren. Natürlich habe ich auch eine fördernde Erziehung gehabt. Entscheidend war aber aus meiner Sicht meine Veranlagung, dass ich diesen Weg eingeschlagen habe.» Bei der Vergabe der Förderung durch ihre Stiftung schaue sie - gemeinsam mit Vorstandskollegin Maria Leptin vom Institut für Genetik an der Universität zu Köln - auch danach, ob Bewerberinnen eine ähnliche Einstellung mitbrächten. «Maria und ich hoffen immer, dass die Bewerberinnen ähnlich zielstrebig und besessen sind wie wir. Das ist aber nicht so oft der Fall.»

Gespräch: Stefan Waschatz, dpa

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