15.09.2020

Optischer Scanner für Hautkrebs

Hautscanner zur nichtinvasiven Diagnostik kombiniert mehrere optische Verfahren.

Der schwarze Hautkrebs (kutanes Melanom) breitet sich immer weiter aus. Allein in Deutschland diagnostizieren derzeit Ärzte bei rund 25.000 Frauen und Männern diese gefährlichste aller Hautkrebs­varianten im Jahr, Tendenz steigend. Je später der Krebs erkannt wird, desto geringer sind die Heilungschancen. Die durchschnittlichen Behandlungs­kosten je Patient steigen von wenigen tausend Euro (Stadium I) auf mehrere hunderttausend Euro (Stadium III/IV) deutlich. Derzeit kann nur nach der chirurgischen Entnahme einer Haut­veränderung und einer Labor­analyse eine eindeutige Diagnose gestellt werden. Bestätigt sich der Verdacht auf ein Melanom, muss in einer zweiten Operation verbliebenes Tumor­gewebe mit Sicherheits­abstand gänzlich entfernt werden, und die angrenzenden Lymph­knoten häufig gleich mit. 
 

Abb.: Nahaufnahme einer Mess­sonde des optischen Systems, die für den...
Abb.: Nahaufnahme einer Mess­sonde des optischen Systems, die für den klinischen Einsatz weiter­entwickelt wird. (Bild: S. Smalian / PhoenixD)

Damit künftig die Diagnose sicherer, schneller und kosten­günstiger erfolgen kann, arbeitet ein Physiker­team der Leibniz Universität Hannover zusammen mit Medizinern der Universitäts-Hautklinik Rostock an einem neuen nicht­invasiven Diagnose­verfahren. Das Team des Hannoverschen Zentrums für optische Technologien HOT unter Leitung von Bernhard Roth entwickelt dabei das optische, nicht­invasive Verfahren, die „optische Biopsie“. Die diagnostische Validierung und Erprobung im Klinikalltag erfolgt im Team von Steffen Emmert, Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie der Universitäts­medizin Rostock. Die beiden Wissenschaftler haben in mehr­jährigen Vorprojekten bereits wichtige Vorarbeiten für die Entwicklung eines Demonstrators geleistet. 

Der geplante „Haut-Scanner“ soll sowohl die Gut- oder Bösartigkeit (Dignität) eines Leberflecks als auch die Eindringtiefe zuverlässig erkennen. Dafür werden drei optische Verfahren miteinander kombiniert: Die optische Kohärenz­tomografie soll Aufschluss über die Beschaffenheit dünnerer Hautmale geben. Sie ist vergleichbar mit Ultraschall, nur dass Lichtwellen anstelle von Schallwellen verwendet werden. Mit der Opto­akustik wird mit einem Laser eine Schallwelle im Gewebe erzeugt, um dickere Hautmale zu analysieren. Als drittes kommt die Raman-Spektroskopie zum Einsatz, bei der die Streuung von Licht durch die Haut ausgenutzt wird. Dadurch hinterlässt jeder Leber­fleck einen „Finger­abdruck“, der seine Gut- oder Bösartigkeit zeigt. „Derzeit kann keine andere Technologie eine nicht­invasive Diagnostik ermöglichen. Unser Ansatz ist daher eine echte Innovation auf dem Gebiet“, sagt Roth, der auch im Exzellenz­cluster PhoenixD neue optische Mess­techniken für breite Anwendungen etwa in Medizin oder Umwelt­analytik erforscht.

Das Verfahren bietet gleich mehrere Vorteile: Die „optische Biopsie“ könnte künftig das Skalpell bei der Diagnose ersetzen. Denn die Hautmale werden nur nicht­invasiv durch das Auflegen des Messgerätes auf die Haut gescannt. Die Entnahme einer Hautprobe und deren Analyse im Labor entfallen ebenso wie die Zeit der Ungewissheit, bis das Labor­ergebnis eintrifft. Künftig wissen die Ärzte sowie ihre Patienten direkt nach dem Scan, ob es sich bei der Hautveränderung um einen bösartigen Tumor handelt oder nicht. Dadurch könnten die Kosten für überflüssige Gewebe­untersuchungen eingespart werden, denn derzeit sind 86 bis 95 Prozent der entnommenen Gewebeproben unauffällig oder gutartig. 

Der neue Hautscanner arbeitet mit künstlicher Intelligenz. Dadurch kann die Diagnostik kontinuierlich verbessert werden. „Es ist unser Ziel, dass die Unter­suchungen künftig nicht mehr ausschließlich von einem Arzt durchgeführt werden müssen, sondern auch von nicht-medizinischen Personal“, sagt Anatoly Fedorov Kukk, wissen­schaftlicher Mitarbeiter im Projekt. „Wenn nur zehn Prozent der Melanome in einem früheren Stadium erkannt würden, könnte das den Kranken­kassen Kosten in vielfacher Millionen­höhe pro Jahr einsparen“, schätzt Emmert und fügt hinzu: „Das neue Gerät könnte auch für andere Hautkrankheiten eingesetzt werden und zu ganz neuen Ansätzen in der Therapie­kontrolle führen.“ Die Deutsche Forschungs­gemeinschaft (DFG) fördert die Erforschung der „optischen Biopsie“ mit rund 1,1 Millionen Euro und insgesamt drei Mitarbeiter­stellen in Hannover und Rostock über eine Laufzeit von drei Jahren. 

U. Hannover / DE
 

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