03.11.2009

Oszillierende Kurven bringen Theorien ins Wanken

Messungen enthüllen unbekannte metallische Eigenschaften von Hochtemperatur-Supraleitern.

Messungen enthüllen unbekannte metallische Eigenschaften von Hochtemperatur-Supraleitern.

Physiker vom Walther-Meißner-Institut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Garching und des Forschungszentrums Dresden-Rossendorf konnten dem Grundverständnis von Hochtemperatur-Supraleitern einen wichtigen Baustein hinzufügen. In einer mehrwöchigen Messkampagne setzten die Forscher um Rudolf Gross drei unterschiedliche Kuprat-Proben Magnetfeldern bis zu rund 65 Tesla aus und maßen jeweils den elektrischen Widerstand im Magnetfeld. Heraus kamen oszillierende Kurven, die den gängigen Theorien zum Teil widersprachen. Supraleitung bei Kupraten entsteht, wenn man bestimmte Atome durch andere ersetzt (dotiert). Dabei waren die drei Proben je unterschiedlich dotiert. Während die eine durch die Dotierung optimal supraleitend gemacht wurde, zeigte eine andere die Supraleitung erst bei tieferen Temperaturen. Im Rossendorfer Magnetlabor stellte sich nun heraus, dass sich die Supraleiter im normalleitenden Zustand - also bei unterdrückter Supraleitung - ganz anders verhalten als bisher angenommen.

Abb.: Zweidimensionaler Schnitt durch die Fermi-Flächen (dunkelbraun eingefärbt) im reziproken Raum. Die dargestellten Schnitte füllen periodisch fortgesetzt die ganze Ebene aus. Links ist die berechnete Fermi-Fläche, wie sie auch für hohe Dotierungen gemessen wurde. Das Bild rechts zeigt die durch magnetische Kopplungen geänderte Fermi-Fläche für optimal dotierte Proben. (Bild: FZD)

Metalle verdanken ihre Leitfähigkeit den freien Elektronen. Wie schnell sich diese Elektronen in verschiedenen Richtungen durch das Kristallgitter bewegen, wird durch die sogenannte Fermi-Fläche beschrieben. Für die Hochtemperatur-Supraleiter wurde diese übliche Theorie der Metalle in Frage gestellt und vermutet, dass sie weitaus komplexere Eigenschaften haben.

Die Experimente am Hochfeld-Magnetlabor Dresden beweisen jedoch, dass sich Hochtemperatur-Supraleiter durchaus wie Metalle verhalten: Alle untersuchten Proben haben eine Fermi-Fläche. Wohldefinierte Fermi-Flächen, so nahm man bisher an, sollte es für Hochtemperatur-Supraleiter nicht einmal im normalleitenden Zustand, also bei unterdrückter Supraleitung, geben. Die aktuellen Ergebnisse weisen bei allen Proben zusammenhängende Fermi-Flächen aus, denn alle Messkurven aus Rossendorf zeigen eindeutige "Wackler", also Oszillationen im Magnetfeld. Allerdings ändert sich die Fermi-Fläche in Abhängigkeit von der Dotierung, doch erstaunlicherweise findet man selbst im Bereich der optimalen Dotierung eine kleine Fermi-Fläche. Diese Ergebnisse sind einmalig, denn bisher konnten diese Änderungen der Fermi-Flächen bei Hochtemperatur-Supraleitern noch nicht direkt nachgewiesen werden. Dies wirft ein neues Licht auf die vorherrschenden Theorien zur Natur der Supraleitung in dotierten Hochtemperatur-Supraleitern.

Die sorgfältigen Messungen des magnetischen Widerstands am Hochfeld-Magnetlabor Dresden des FZD erlauben es, Änderungen dieser Messgröße auf besser als 0,02 Prozent zu bestimmen. Erst durch diese hohe Auflösung gelang es, die Oszillationen im Widerstand nachzuweisen. Weitere Messungen sollen folgen, um zu verstehen, warum genau sich die Fermi-Fläche mit der Dotierung ändert und wie genau die metallischen, supraleitenden und magnetischen Eigenschaften voneinander abhängen. Die Physiker erhoffen sich auch Antworten darauf, wie genau die Übergänge zwischen dem normalleitenden und dem supraleitenden Zustand beschaffen sind.

Forschungszentrum Dresden-Rossendorf


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