Planetendämmerung
Raumsonde Dawn nähert sich dem Zwergplaneten Ceres.
Noch nie zuvor konnten Planetenforscher den Zwergplaneten Ceres aus dieser Nähe sehen: In himmlischen Dimensionen lediglich noch 237.000 Kilometer entfernt, nahm die deutsche Kamera an Bord von Raumsonde Dawn den Zwergplaneten am 25. Januar 2015 auf. Stattliche 43 Pixel breit ist der kugelförmige, eisige Asteroid auf der Aufnahme, die erstmals Details zeigt, die selbst auf den bisherigen Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble nicht zu erkennen waren: „Wir sehen große, fast den gesamten Zwergplaneten umspannende Strukturen. Auch wenn man noch nicht genau sagen kann, um was es sich dabei handelt, ist doch klar, dass gewaltige Prozesse die Oberfläche von Ceres verändert haben“, sagt Ralf Jaumann vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Planetenforscher und Mitglied im Dawn-Team. „Mit jeder neuen Aufnahme werden wir von nun an weitere Hinweise darauf erhalten, was uns bei unserer Ankunft am 6. März dieses Jahres bei Ceres erwartet.“ Selbst heute noch könnte der größte Himmelskörper zwischen Mars und Jupiter noch einen Ozean aus Wasser unter seiner Eiskruste verbergen.
Abb.: Aufnahme von Ceres durch Dawn vom 25. Januar 2015 aus einer Entfernung von 237.000 Kilometern (Bild: NASA / JPL-Caltech / UCLA / MPS / DLR / IDA)
Bisher hielt das Weltraumteleskop Hubble den Rekord, wenn es um die beste Sicht auf den Zwergplaneten Ceres ging – es nahm den Himmelskörper zwischen Dezember 2003 und Januar 2004 auf und zeigte damals bereits unterschiedlich helle und dunkle Regionen sowie einen bisher noch nicht erklärten weißen Fleck auf Ceres. Doch nun hat die Kamera an Bord der Dawn-Sonde die Nase vorn: „Unsere Aufnahmen übertreffen die bisherigen Hubble-Bilder in der Auflösung um mehr als dreißig Prozent“, sagt Jaumann. In der südlichen Hemisphäre sind einige sehr dunkle Merkmale in einer insgesamt dunkleren Region zu sehen. „Zu erkennen ist eine globale Struktur, bei der es sich vermutlich um eine Reihe von großen, seltsam angeordneten Einschlagskratern handelt.“ Auch ist der bereits bekannte helle Fleck in etwa neunzig Grad Entfernung von dieser Struktur zu erkennen.
Mit den Ergebnissen der Dawn-Mission könnte es den Planetenforschern gelingen, mehr über die Geburt der Planeten vor 4,5 Milliarden Jahren zu erfahren. „Asteroiden sind Bausteine eines Planeten, der nie fertiggestellt wurde.“ In der Nähe des Jupiters sorgten nämlich dessen Gravitationskräfte dafür, dass die einzelnen Fragmente immer wieder auseinbrachen und keine vollständigen Planeten entstehen konnten. Das Ergebnis ist der Asteroidengürtel zwischen Jupiter und Mars – mit seinen größten Körpern Vesta, Pallas und Ceres, drei der besterhaltenen embryonalen Planeten in unserem Sonnensystem.
Über 30.000 Bilder, 18 Millionen spektrale Messungen und weitere wissenschaftliche Daten sind die Ausbeute, die die Dawn-Sonde 2011 bis 2012 von ihrem Besuch an Vesta zur Erde sendete. Der Körper mit einem mittleren Durchmesser von 525 Kilometern versetzte alle in Erstaunen mit zwei gigantischen Einschlagsbecken, tiefen Furchen und einem Berg, der mehr als doppelt so hoch wie der irdische Mount Everest ist. Im September 2012 verabschiedete sich die Sonde von Vesta und reist seitdem mit Ionenantrieb durchs All. Dabei hat sie im Asteroidengürtel bereits die Frostgrenze hinter sich gelassen. Ihr nächstes Ziel Ceres wird daher auch ein besonders eisiges Untersuchungsobjekt, bei dem die Kräfte der 415 Millionen Kilometer entfernten Sonne nur wenig spürbar sind.
Ceres wird der erste Zwergplanet überhaupt sein, den eine Sonde aus dem Orbit untersucht. Mit einem Durchmesser von fast 1000 Kilometern ist der Himmelskörper der Rekordhalter im Asteroidengürtel und wurde 2006 von der Internationalen Astronomischen Vereinigung in die neue Kategorie der Zwergplaneten eingeordnet. Und er könnte unter einer Eiskruste ein Geheimnis verbergen – eine dicke Schicht aus Wasser, vermutet Ralf Jaumann. „Wir sind bisher noch nie um solch einen Himmelskörper geflogen“, betont er. „In Ceres ist vermutlich die Anfangsphase der Planetenentstehung konserviert – ähnlich wie uns eine Fliege im Bernstein die Geschichte urzeitlicher Insekten erzählt.“
DLR / DE