Planetensysteme entstehen stürmisch
Deutsche und britische Astrophysiker klären mit Computersimulationen Rätsel um die Entstehung von Planeten.
Bei der Geburt von Sonnensystemen geht es stürmischer zu, als gedacht. Zu diesem Ergebnis kommen Astrophysiker der Universität Bonn zusammen mit Kollegen der Universitäten Sheffield und Cardiff. Die Forscher konnten zeigen, dass Planeten bei einem Treffen von zwei Sternenwolken entstehen: Offenbar geraten die Wolken, die die Sterne umgeben, dabei in einen Strudel aus Gas und Staub. Das Ergebnis: ein Planetensystem mit einer schiefen oder sogar entgegen gesetzten Umlaufbahn.
Abb.: Die Momentaufnahme der Simulation zeigt das Abziehen von Gas aus der target cloud, das der Stern dann in Form einer protoplanetaren Scheibe um sich herum ansammelt. (Bild: I. Thies, U. Bonn)
Die Erde dreht sich um die Sonne, und zwar im gleichen Drehsinn, wie die Sonne um sich selbst rotiert – zu dieser Erkenntnis war bereits Galileo gelangt. Eine Forschergruppe um Pavel Kroupa von der Universität Bonn hat nun Planeten außerhalb unseres Sonnensystems untersucht, die dieser Gesetzmäßigkeit völlig widersprechen: Die Wissenschaftler nutzten Daten zu Himmelskörpern, die ihren Mutterstern auf schiefen oder elliptischen Bahnen umkreisen. Einige bewegen sich sogar entgegengesetzt zu dessen Eigenrotation.
Um diese Ungereimtheiten zu klären, haben die Bonner Forscher mit ihren englischen Kollegen ein neues Modell der Planetenentstehung entwickelt. Computersimulationen zeigen, dass ein neues Planetensystem aus einem Zusammenstoß zweier Sternenwolken entsteht: Wenn eine Sternenwolke in die Umlaufbahn eines anderen Sterns hineingelangt, beginnt ein stürmischer Tanz aus Staub und Gas. Solche Wechselwirkungen zwischen Geschwistersternen dürften eher die Regel als die Ausnahme sein, weil Sterne üblicherweise in engen Sternhaufen entstehen.
Das Gas strömt so in zufälliger Richtung auf die bereits vorhandene Umlaufbahn aus Gas und Staub ein und dreht diese aus ihrer Richtung. Im Extremfall können Umlaufbahnen sogar ganz ihren Drehsinn wechseln. Durch die fremden Gasströme werde der innere Bereich der Wolke zusammengedrängt, was die Verklumpung der Staubwolken zu Planeten beschleunigt. Außerdem gebe es Planeten, deren Umlaufbahnen so stark geneigt seien, dass sie das ganze System instabil machten: Die leichten Planeten werden dadurch nach und nach aus dem System geschleudert, während die schwereren Planeten sich auf engere Bahnen drängen.
Diese neue Theorie zur Planetenentstehung könne Fragen in der Astrophysik beantworten, die das klassische Model offen ließ, so die Forscher. Bisher hieß es, Planeten entstünden in einer sich zusammenziehenden rotierenden Wolke, in dessen Zentrum sich ein junger Stern aufhält. Der Staub und das Gas, aus dem die Wolken bestehen, verklumpen zu vielen kreisrunden Bällen – den Planeten. Diese kreisen dann um den Stern, wie auch unsere Erde die Sonne umkreist: Alle schön geordnet in derselben Ebene und im gleichen Drehsinn, wie der Stern um sich selbst rotiert.
Doch selbst die Ebene unseres Sonnensystems ist etwa sieben Grad gegenüber dem Sonnenäquator geneigt. Daher sei ein frühes Rendezvous mit der Gaswolke eines anderen Sterns dafür durchaus eine plausible, wenn nicht sogar die einfachste Erklärung für die schiefen Planetenbahnen.
U. Bonn / OD